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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Loís verließ Castelblanc am Morgen <strong>des</strong> 20. Juli 1558.<br />

Cristino kam in seine Kammer gestürmt, während er gerade das<br />

Bündel mit seinen wenigen Habseligkeiten verschnürte: ein Rosenkranz,<br />

der seiner Mutter gehört hatte, sein Messer, sein Mantel<br />

für die kalten Monate, und der dicke, zerlesene Foliant, den Frederi<br />

ihm einst geschenkt hatte. DE IURE ROMANA.<br />

«Ich will nicht, dass dugehst!», schrie sie ihn an. «Alle gehen sie<br />

fort! Erst Louise, dann Catarino, dann Antonius und Fabiou! Du<br />

darfst mich nichtauch noch verlassen!»<br />

Er fuhr fort mit seinem Werk, ohne sie anzusehen. «Es tut mir<br />

leid, Cristino», sagte er, und: «Es ist besser so.»<br />

«Es ist nicht besser so!», schrie sie. «Ich liebe dich doch!»<br />

Jetzt sah er auf, und als sie in seine offenen dunklen Augen sah,<br />

begriff sie, dass sie nicht übertrieben hatte. Sie liebte i hn wirklich.<br />

«Ich liebe dich auch, Cristino», sagte er traurig. «Mehr als alles auf<br />

der Welt. Und gerade <strong>des</strong>halb muss ich weg. Ich bin ein <strong>Die</strong>ner, und<br />

du bist eine Barouneto. Mein Gott, du weißt, dass es niemals eine<br />

Zukunft für uns geben kann. Und spätestens in ein, zwei Jahren<br />

wirst du irgendeinen reichen Senher oder Baroun heiraten.»<br />

«Ich werde aber nie jemand anderen lieben!», heulte sie. «Auch wenn<br />

ich irgend so einen Baroun heirate, dann liebe ich immer noc h dich!<br />

Du kannst doch mit mir kommen, wenn ich heirate! Loís, bitte!»<br />

«Wie stellst du dir das vor?», fragte Loís kopfschüttelnd. «Soll ich<br />

alsdein Geliebter bei dirbleiben? Deine heimliche maîtresse ?»<br />

«Warum denn nicht?», schrie Cristino.<br />

Loís setzte sich auf sein Bett und sah sie an. «Weißt du, Cristino,<br />

so schlimm die letzten drei Monate gewesen sein mögen, eines habe<br />

ich daraus gelernt. Nämlich dass jeder Mensch ein Recht darauf<br />

hat, frei und in Würde zu leben, auch wenn er nur ein Pferdeknecht<br />

ist wie ich. Ich denke, von deinem Vater habe ich das gelernt.»<br />

«Meinem Vater?», fragte sie erstaunt. Dann begriff sie, dass er<br />

Hector Degrelho meinte.<br />

Loís stand auf und wandte sich der Tür zu.<br />

«Bleib hier, Loís, bitte!», schluchzte Cristino.<br />

Er küsste sie auf die Stirn, nahm sein Bündel und ging.<br />

***<br />

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