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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Ein paar Reisende auf dem Weg nach Ais.» Petri zuckte mit den<br />

Achselnund suchte interesselos in seinen Notizen herum. «Hier…<br />

Philomenus Breix, Senher d’Auban, wohnhaft in der Carriero de<br />

Jouque. Ein unbedeutender, harmloser Landjunker, ich bin der Sache<br />

daher auch nicht mehr weiter nachgegangen.»<br />

«Hm…» Ingelfinger sah gedankenverloren auf den letzten Rest<br />

Wein in seinem Glas. «Hattet Ihr in letzter Zeit nicht auch das<br />

Gefühl, dass Trostett sich seltsam verhielt? Er hat mir ein paar Berichte<br />

zugeschickt, die alles andere als typisch für ihn waren.»<br />

Und wenn,glaubst du, ich erzähle es ausgerechnet einem Ketzer<br />

wie dir? «Umgenau zu sein, habe ich Trostett, seit er wieder in Ais<br />

war, kaum gesehen – und nie lange genug, dass mir irgendwelche<br />

Seltsamkeiten auffallen konnten», sagte Petri bissig.<br />

«Ihr hattet nicht das Gefühl, dass er an etwas dran war – abgesehen<br />

von seinem Auftrag, meine ich?» Ingelfinger betrachtete<br />

Petri prüfend über den Rand seines Weinglases, und als dieser<br />

nicht antwortete, fügte er hinzu: «Er hat mir einen Brief geschrieben,<br />

nach Lyon, nur wenige Tage vor seinem Tod. Eine Art Abrechnung,<br />

würde ich es nennen. Wollt Ihr ihn lesen?» Er wartete<br />

einen Moment, doch da Petri keine Reaktion zeigte, griff er in sein<br />

Wams und zog ein zusammengefaltetes Pergament hervor, das er<br />

langsam auseinanderfaltete. «Er schreibt hier: Alles war eine Farce,<br />

ein Spiel, das sie getrieben haben, mit uns genauso wie mit Euch.<br />

Wir waren nicht die Drahtzieher, wir waren nur Werkzeuge in den<br />

Händen der Gier. Eine Generation, verkauft für ein paar Silberlinge,<br />

ein Volk für ein paar Morgen Land. Aber es wird Gerechtigkeit<br />

geschehen, dafür sorge ich. Punkt.» Er hob den Kopf und<br />

betrachtete Petri aus seinen hellen, arglosen <strong>Kinder</strong>augen. Ein altes<br />

Prinzip, dachte Petri – wirf dem anderen ein bisschen Offenheit<br />

entgegen wie einem Hund den Knochen, und warte darauf, dass<br />

er zuschnappt. – «Habt Ihr eine Vorstellung, wovon er spricht?»,<br />

fragte Ingelfinger freundlich.<br />

Petri knetete seine Hände. So leicht kriegst du mich nicht, Protestant.<br />

«Spricht doch für sich, das ganze, oder?», murmelte er.<br />

«Oder hattet Ihr damals nicht das Gefühl, dass wir bei der ganzen<br />

Angelegenheit nichts als unbedarfte Zuschauer in einem Marionettentheater<br />

waren?»<br />

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