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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Er war ein Hitzkopf», sagte Victor mit einem seltsamen Lächeln.<br />

«Als Kind schon. Er hat dauernd irgendwelche verrückten<br />

Dinge getan. Meine Großeltern waren gestraft mit ihm.»<br />

«Ich habe auch so ‘nen Bruder», meinte Fabiou. «Er hat mal die<br />

Suppenterrine gegen eine Schüssel mit lebenden Fröschen ausgetauscht.<br />

Meine Mutter hat schier der Schlag getroffen.»<br />

«Nein… nein, das meine ich nicht.» Victor schütt elte hefti g den<br />

Kopf. «Er war nicht unartig, er war kein Lausbub, der dauernd üble<br />

Streiche spielte. Aber … weißt du, er hatte ganz eigene Vorstellungen<br />

davon, was gut und was böse, richtig und falsch ist. Und wenn<br />

er etwas für falsch hielt, dann hat er Himmel und Hölle i n Bewegung<br />

gesetzt, um es zu verhindern.»<br />

«Aber das ist doch keine schlechte Eigenschaft», meinte Fabiou<br />

erstaunt. «Wieso sagst du, deine Großeltern waren gestraft?»<br />

«Na ja, das Wie hatte es in sich», seufzte Victor. «Er schreckte<br />

vor gar nichts zurück. Er sagte jedem seine Meinung, ob’s ein Parlamentsmitglied<br />

war oder ein Priester oder der Bischof persönlich.<br />

Mein Großvater schickte ihn auf eine strenge Klosterschule in Arle,<br />

um ihn zu zügeln, aber das einzige Ergebnis war, dass er nach ein<br />

paar Jahren hinausgeworfen wurde, wegen ungebührenden Benehmensund<br />

weiler einen schlechten Einflussauf dieanderen Schüler<br />

ausübte. Mein Großvater war min<strong>des</strong>tens dreimal knapp davor, ihn<br />

zu enterben, obwohl er ihn wohl sehr liebte und ihn als Erben von<br />

Astain vorgesehen hatte, nicht meinen Vater, den älteren. Einmal<br />

hätte er es wirklich beinahe getan, als Onkel Hector mit zwanzig<br />

Jahren plötzlich erklärte, er wolle eine Französin heiraten. Mein<br />

Großvater war sehr traditionell eingestellt, und damals waren<br />

Heiraten zwischen Provenzalen und Franzosen noch nicht an der<br />

Tagesordnung. Aber Onkel Hector sagte: Ich liebe Justine und ich<br />

werde sie heiraten, und wenn Ihr mich zur Tür hinausjagt.» Victor<br />

lachte. «Genau das hat mein Großvater dann getan, und trotzdem<br />

ist Hector geradewegs zu seiner Justine marschiert, deren Eltern<br />

genauso wenig mit der Verbindung einverstanden waren, und hat<br />

zu ihr in etwa gesagt, Justine, ich habe nichts mehr und bin nichts<br />

mehr, willst du mich trotzdem heiraten, und sie antwortete etwas<br />

im Stil von, mit dir gehe ich bis ans Ende der Welt, und noch am<br />

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