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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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zu sein», sagte Fabiou. «Das hat Hannes, der Gaukler, einmal zu<br />

mir gesagt. Ichhabe eine ganze Weile gebraucht, um zu begreifen,<br />

was er damit gemeint hat, nämlich wirklich nichts und wirklich<br />

niemand. Dass kaum jemand in dieser Geschichte wirklichdie Rolle<br />

hatte, die ich ihm noch vor drei Monaten zugeschrieben hätte.<br />

Mein Vater. Mein Stiefvater. Mein Onkel und meine Tante. Bruder<br />

Antonius. Archimède und Hector Degrelho. Trostett, Ingelfinger<br />

und Corbeille. Arnac de Couvencour. Sébastien de Trévigny. Jean<br />

Maynierd’Oppède. Hannes selbst. Und nicht einmal Cristino. Dass<br />

Arnacs Zuneigung zu Cristino nicht die Zuneigung zu einer begehrten<br />

Frau, sondern die Zuneigung zu einer Schwester ist. Und<br />

dass es eine ganzlogische Erklärung für Cristinos seltsame Träume<br />

und Visionen von Agnes Degrelho geben könnte – nämlich dass<br />

sie Agnes Degrelho ist!» Er schwieg einen Moment lang und ließ<br />

die Augen über seine Zuhörer gleiten. «Es gab da natürlich einen<br />

Haken in der logischen Kette», fuhr er dann fort. «Schließlich war<br />

Agnes Degrelho, wie allgemein bekannt, tot und begraben, und<br />

genauso Daniel, ihr einziger Bruder. Gab es am Ende eine Möglichkeit,dass<br />

sie doch noch am Leben waren? Was Daniel betraf, so<br />

konnte ich das ausschließen, nachdem die Stadtannalen detailliert<br />

über den Zustand seiner Leiche im Wald vor Seloun berichteten.<br />

Aber wer war dann Arnac? Und was war mit Agnes geschehen?<br />

Ich vergegenwärtigte mirdie Geschichte umden Tod der Mädchen<br />

– Louise und Agnes, deren Leichen erst nach Tagen aufgebahrt in<br />

einer Höhle gefunden wurden, so schrecklich entstellt, dass man<br />

die Särge bei der Trauerfeier verschlossen lassen musste! Wer,<br />

der die Mädchen hätte identifizieren können, hatte sie eigentlich<br />

überhaupt gesehen, fragte ich mich. Doch nur Archimède Degrelho.<br />

Es war also sehr wohl denkbar, dass der Tod von Agnes und<br />

Louise Degrelho nur vorgetäuscht worden war. Aber warum hätte<br />

Archimède das tun sollen? Und da fiel mir wieder jener Brief ein,<br />

den Hector Degrelho an Austelié geschrieben hatte und in dem es<br />

um ein Testament ging. Ich hatte immer gedacht, Hector Degrelho<br />

meinte ein Testament, das ihn begünstigte, aber in Wirklichkeit<br />

ging es um sein eigenes Testament, das Testament, das seine<br />

Töchter im Falle von Daniels Tod zu seinen Erben erklärte. Und so<br />

abwegig es war – wenn Cristino Arnacs Schwester sein sollte, dann<br />

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