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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Fabiou schüttelte den Kopf. «Ich habe Euch wiedererkannt. Meine<br />

Großmutter hat ein Bild, auf dem Ihr abgebildet seid zusammen<br />

mit meinem Vater, meinem Onkel Pierre und Hector Degrelho.»<br />

Couvencour ließ ein heiseres Lachen hören. «Quattuor veri amici»,<br />

zitierte er. «Das ist verdammt lange her.»<br />

«Ihr wart also wirklich gut mit Hector Degrelho befreundet?»,<br />

bohrte Fabiou.<br />

Couvencour griff nach seinem Weinglas und ließ den Wein darin<br />

kreisen. «Weißt du, mein Junge, esgibt Freunde und Freunde», sagte<br />

er. «Wenn du älter bist, wirst du das begreifen. Es gibt Freunde, mit<br />

denen man gerne zusammen ist, mit denen man trinkt und lacht<br />

und Feste feiert. Und dann gibt es noch die Art Freunde, für die<br />

man bereit ist, alles aufs Spiel zu setzen, alles zu opfern, in dem<br />

festen Wissen, dass sie dasselbe für einen selbst täten.»<br />

«Und zu dieser Art Freunde gehörten mein Vater, mein Onkel<br />

und Hector Degrelho?», fragte Fabiou atemlos.<br />

Couvencour antwortete nicht. Sein breites Gesicht war grau im<br />

Zwielicht der Dämmerung. <strong>Die</strong> Witwe Carbrai stand auf und lief<br />

nach einem Kerzenleuchter. «Ich bin der Einzige, der übrig geblieben<br />

ist», sagte er. «Sie starben alle innerhalb von einer Woche. Dein<br />

Onkel am 5 ., dein Vater am 7 . und Hector Degrelho am 10 . Mai.»<br />

«Das ist … tragisch», meinte Fabiou bedrückt.<br />

«Ja», sagte Couvencour. «Das ist wahrlich tragisch.» Er schüttelte<br />

den Kopf. «Aber lassen wir das. Du wolltest wissen, ob die Morde<br />

die Tateines fanatischen Protestanten sein könnten.»<br />

Fabiou stand der Mund offen, und Couvencour lachte. «Das war<br />

doch deine eigentliche Frage, oder? Ein fanatischer Katholik kann<br />

es ja wohl kaum sein, nachdem ein Bossard zu den Opfern gehört.<br />

Nun, mein Junge, lass dir eines gesagt sein: Fanatiker verstecken<br />

sich nicht. Sie wollen ja, dass man die Motive ihrer Tat erkennt.<br />

Ein protestantischer Mörder hätte vielleicht ‹Nieder mit den Papistenschweinen›<br />

neben die Leichen geschrieben, aber sicher nicht<br />

‹Santonou›.»<br />

<strong>Die</strong> Witwestellteden brennenden Kerzenleuchter auf den Tisch.<br />

Augenblicklich war der gesamte Raum in weiches Schummerlicht<br />

getaucht. Fabiou griff nach dem Weinglas. Der Wein darin schimmerte<br />

wie ein Rubin. «Aber wer soll es dann gewesen sein?», fragte<br />

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