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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Sekten zu ergreifen, da es den niederen Rechtsinstanzen offenbar<br />

nicht gelang, deren Treiben Einhalt zu gebieten. In Erfüllung dieser<br />

Verfügung habe das Parlament von Aix jetzt ein Dekret erlassen,<br />

das die Verhaftung und Verhörung verschiedener der Ketzerei<br />

verdächtigten Personen anordnete. Ein Dokument <strong>des</strong> Gerichtsschreibers<br />

der Kriminalgerichtsbarkeit nannte namentlich neunzehn<br />

Personen, auf die sich dieses Dekret beziehe, die meisten aus<br />

Merindou oder <strong>des</strong>sen unmittelbarer Umgebung, so ein gewisser<br />

Hélion aus Tourves, der bei den waldensischen Ketzern die Rolle<br />

eines Geistlichen ausübte, ein Claude Favery, mehrere Mitglieder<br />

der Familie Mainard, ein Jean Pons, ein Bertin Vian, Jean und Hugues<br />

Pellenc, Peron Rey und der Schulmeister Jacques.<br />

Dreitausend Waldenser. Mit diesen neunzehn hatte es angefangen.<br />

<strong>Die</strong> Namen hatten etwas Beunruhigen<strong>des</strong>, rissen diese<br />

Menschen aus dem gleichgültigen Sumpf der Anonymität. Jean<br />

und Hugues Pellenc – waren das Brüder oder Vater und Sohn? <strong>Die</strong><br />

Schreibweise der Namen war zum Teil lateinisiert, zum Teil auch<br />

dem Französischen angepasst – wohl weil die Orginaldokumente<br />

französisch waren –, aber vermutlich waren es in Wirklichkeit ein<br />

Jan und ein Hugue gewesen, wie es sie auch unter den Bauern in<br />

Castelblanc gab. <strong>Die</strong> Familie Mainard – er konnte plötzlich nicht<br />

anders, als sich eine große Bauernfamilie vorstellen, Eltern, Großeltern,<br />

Söhne und Töchter, die vergnügt um einen großen Esstisch<br />

herumsaß.<br />

Fabiou gab sich einen Ruck. Verflucht, Junge, es waren Ketzer!<br />

Selbst wenn damals auch Unschuldige ums Leben gekommen sind,<br />

wie der Buous und der Bonieus sagen, diese neunzehn, um die es<br />

hier geht, waren Ketzer! Und hatten ihr Schicksal somit verdient,<br />

verdammt noch mal!<br />

Er blätterte weiter. Im August ‘4 0 stieß er auf einen neuerlichen<br />

Bericht zu Merindou. Dort berichtete der Stadtschreiber, dass ein<br />

Gerichtsdiener <strong>des</strong> Parlaments, begleitet von einer Zahl Waffenknechte,<br />

nach Merindou gefahren sei, um das Dekret in die Tat<br />

umzusetzen, den Ort aber quasi verlassen vorgefunden hatte. <strong>Die</strong><br />

wenigen zurückgebliebenen Einwohner berichteten, die übrigen<br />

Dorfbewohner seien mit Sack und Pack in die Berge geflohen, da<br />

es eine Warnung gegeben habe, dass die Gerichtsbarkeit im An-<br />

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