04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Er war ins Präsens gefallen. Wann waren diese Zeilen geschrieben<br />

worden? Dort, in den Trümmern von Cabriero? In den Tagen,<br />

die folgten, auf dem Weg über verbrannte Erde?<br />

«Danach wandte man sich der Stadt zu. Häuser wurden angezündet,<br />

Menschen auf offener Straße niedergemetzelt. <strong>Die</strong> übrigen<br />

Männer von Cabrières schloss man im Kellergeschoss <strong>des</strong> Schlosses<br />

ein. Als dort das Schicksal derer bekannt wurde, die man v or die<br />

Stadt gebracht hatte, brach in jenen Kellern Angst aus, die Menschen<br />

schrien um Hilfe und schlugen gegen die Türen. Maynier<br />

sagte, dies sei ein Aufruhr und Ausbruchsversuch und gab Anweisungen,<br />

die Eingeschlossenen zu töten, was seine Soldaten sofort<br />

taten.<br />

<strong>Die</strong> Frauen und <strong>Kinder</strong> der Stadt hatten sich in die Kirche<br />

geflüchtet. Dort wurden sie von den Soldaten aufgespürt. Hier<br />

nun erwies sich endgültig, was diesem Heer, das angeblich für den<br />

wahren Glauben kämpfte, dieser Glaube bedeutete. Hier, zwischen<br />

den Kirchenbänken, im Angesicht <strong>des</strong> Hochaltars und der heiligen<br />

Mutter Gottes, wurden die Frauen geschändet und getötet, zum<br />

Teil kleine Mädchen von acht, neun Jahren unter ihnen. Man zeigte<br />

uns jene Kirche, in der der Boden rot war vor Blut und die Leichen<br />

zwischen Bänken und Stühlen lagen. Man zeigte uns eine Schwangere,<br />

die man vom Kirchturm gestoßen hatte. Man zeigte uns eine<br />

andere Schwangere, die ein Soldat vergewaltigt und dann aufgeschlitzt<br />

und das Kind aus ihrem Leibgerissen hatte, eine Tat, die so<br />

grausam war, dass seine eigenen Kumpanen sich gegen ihn wandten,<br />

ihm das Kind abrangen, bevor er auch dieses töten konnte, es<br />

tauften und versorgten und den Mörder daraufhin töten wollten.<br />

Doch dieser flüchtete zu Maynier, der ihn in Schutz nahm mit der<br />

Begründung, was er getan habe, habe er für den wahren Glauben<br />

getan. Gibt es einen größeren Zynismus als angesichts solcher Brutalität<br />

noch vom wahren Glauben zu sprechen und einen Mörder,<br />

der eine derart widernatürliche, abscheuliche Tatgegen je<strong>des</strong> von<br />

Gott oder den Menschen gemachte Gesetz begeht, als einen guten<br />

Christen hinzustellen?<br />

Einen vollen Tag lang dauerte die Hinrichtung von Cabrières.<br />

Von den neunhundert Einwohnern der Stadt überlebten nur eini-<br />

856

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!