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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Habt Ihr schlecht geträumt, meine Kleine?» Cristino sah zur<br />

Seite. <strong>Die</strong> Barouno de Buous blickte sie an, freundlich lächelnd.<br />

«Ich… äh … na ja, schon…» Sie wurde vermutlich rot. Der<br />

Traum war ja auch wirklich zu seltsam gewesen. <strong>Die</strong> Krähe …<br />

Gott, zu viele Krähen für einen Tag! Aber egal, nur ein Traum, der<br />

Wagen rattert, und draußen scheint die Sonne. Oh Gott, Gott sei<br />

Dank, es war nur ein Traum…<br />

«So? Was habt Ihr denn geträumt?» Neugierig war die Buous ja<br />

gar nicht! Cristino versuchte sich an dem hohen Lachen, mit dem<br />

ihre Mutter immer Peinlichkeiten abzutun pflegte. «Ach, nichts<br />

Besonderes, ehrlich!» Sie wich dem Blick der älteren Dame aus, sah<br />

aus dem Fenster, auf die Felsen, die zu beiden Seiten in die Höhe<br />

kletterten. Man befand sich offenbar immer noch in der Coumbo.<br />

<strong>Die</strong> Ansicht war impressionant : Schroffe Wände, mit Pinien und<br />

garoulios bewaldet, Felsformationen wie von einem Riesen kreuz<br />

und quer aufgeschichtet. Träge ratterten die Räder der Kutsche den<br />

kurvigen Weg entlang, der den Maßgaben der Natur folgte, vorbei<br />

an einzeln aufragenden Steinspitzen, bizarren Felsüberhängen<br />

und kantigen Vorsprüngen. Kleine, bewaldete Seitentäler zweigten<br />

nach rechts und links ab; man erwartete fast, dass Raubgesindel<br />

aus dem Untergrund brach oder eine Wolfsmeute in die Schlucht<br />

preschte.<br />

«Erzählt mir, was Ihr geträumt habt!» <strong>Die</strong> Stimme der Buous<br />

bebte in freudiger Erwartung. «Ich liebe es, Träume zu deuten. Ich<br />

kann es auch, eine weise alte Frau auf unserem Land hat mir beigebracht,<br />

wie das geht!» Cristino rümpfte innerlich die Nase. Wegen<br />

der weisen alten Frau zum Teil, das wusste schließlich je<strong>des</strong> Kind,<br />

dass sich hinter den so genannten weisen alten Frauen meistens<br />

Hexenweiber verbargen – kaum zu glauben, dass eine Barouno wie<br />

die Buous mit so einer Kontakt pflegte. Aber vor allem, dass die<br />

Barouno sich so indiscret in ihre Träume mischte. Dennoch, Diskretion<br />

hin oder her, der Traum war so seltsam gewesen, dass es sie<br />

drängte, eine Erklärung dafür zu erhalten.<br />

Sie erzählte. Draußen flog die Maserung der Felswände vorbei,<br />

an- und absteigend wie ein Schichtkuchen, den man in Stücke gebrochen<br />

und die Stücke dann einer unbegreiflichen Logik folgend<br />

aufeinandergetürmt hatte. <strong>Die</strong> Buous hatte den Kopf schief ge-<br />

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