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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Stumm starrten die beiden Degrelhos einander über die Gedecke<br />

hinweg an. Dann holte der Baroun tief Luft. «Ich denke, wir sollten<br />

dieses Gespräch lieber beenden, Victor», sagte er dann. «Es ist spät.<br />

Barouneto, die Kammerzofe wird Euch Euer Zimmer zeigen.»<br />

***<br />

Es waren wohl nur ein paar Sekunden, die sie dort vor dem Schlüsselloch<br />

auf dem Boden kniete und die Worte <strong>des</strong> Genevois in ihr<br />

Denken sickern ließ, doch in diesen Sekunden kam es ihr vor, als<br />

zog ihr gesamtes bisheriges und ihr mögliches zukünftiges Leben<br />

an ihr vorbei. Ihr Leben als Edelfräulein, dazu bestimmt, einen adligen<br />

und wenn möglich reichen Mann zu heiraten, den ihre Eltern<br />

für sie aussuchen würden. Ihr Leben als Mädchen, als Fra u .<br />

Wahrscheinlich gab es gar keine Zukunft. Wahrscheinlich würden<br />

sie sie ebenso töten wie Hannes. Vielleicht aber auch nicht.<br />

Vielleicht war sie ja zu unwichtig, als dass sie ihretwegen die Bürde<br />

eines Mor<strong>des</strong> auf sich nehmen würden. Vielleicht wollten sie ja nur<br />

ihren Spaß mit ihr haben, vielleicht schändeten sie sie ja nur und<br />

ließen sie dann gehen. Damals, bei dem Überfall im Wald, war ihr<br />

diese Möglichkeit reizvoll erschienen, dasgroße Abenteuer sozusagen,<br />

doch jetzt erfüllte sie dieser Gedanke mit namenloser Angst.<br />

Vielleicht würde sie also überleben. Hannes würde sterben, das<br />

war klar, aber sie würde leben. Sie würde zurückkehren zu ihrer<br />

Familie, und alles würde seinen vorherbestimmten Gang nehmen.<br />

Man würde ihr einen Mann suchen. Es würde nicht die allerbeste<br />

Partie sein, denn wer nahm schon eine Frau, die von einer Horde<br />

Landsknechte vergewaltigt worden war, aber irgendeinen würden<br />

sie finden, vielleicht einen, der dringend Geld brauchte und scharf<br />

auf ihre Mitgift war. Sie würde an seiner Seite leben, <strong>Kinder</strong> gebären<br />

und ein stilles, sittsames Leben führen, wie es sich für eine<br />

Frau gehört, und Hannes und dieser seltsame Tag würden in ihrer<br />

Erinnerung verblassen, als ob es sie nie gegeben hätte.<br />

<strong>Die</strong> Vorstellung trieb ihr die Tränen in die Augen.<br />

Ja, wenn sie ein Mann wäre. Dann würde sie jetzt versuchen,<br />

etwas zu unternehmen, um Hannes und sich selbst retten. Aber sie<br />

war kein Mann, sie war nur ein kleines, dummes Mädchen, und so<br />

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