04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

dagegen war zu Fabious Enttäuschung nirgends zu sehen. In diesem<br />

Augenblick fiel der Großmutter Fabious Anwesenheit auf; sie<br />

verabschiedete sich galant von ihren Verehrern und humpelte zu<br />

ihm hinüber. «Hast du deine Schwesterngesehen?», fragte sie. Ihre<br />

Stirn war sorgenvoll in Falten gelegt, die noch tiefer wurden, als<br />

Fabiou dies verneinte. «Wo sind die Gören nur hin – ich habe sie<br />

schon überall gesucht!»<br />

Der kleine Navarra hatte sich ein paar Schritte weit entfernt, er<br />

stand an der Feldmarkierung und feuerte die Béarner Spieler an.<br />

«Ich habe nicht gewusst, dass Onkel Pierre Wissenschaftler war»,<br />

sagte Fabiou unvermittelt. Seine Großmutter lächelte spöttisch.<br />

«Esgibt vieles, was du noch nicht weißt, Fabiou», meinte sie .<br />

«War er wirklich so gut?»<br />

«Er war genial», sagte Oma Felicitas. «Schon als Kind besaß er<br />

einen Wissensdurst, der regelrecht unheimlich war. Er wollte alles<br />

können und alles wissen. Theologie, Philosophie, Mathematik,<br />

Medizin – es gab nichts, was nicht sein Interesse fand. Aber am<br />

liebsten beschäftigte er sich mit der Erforschung der Natur und ihrer<br />

Gesetze. Keine Uhr, kein Werkzeug und kein Musikinstrument<br />

war vor ihm sicher. Inder Klosterschule hater einmal in sämtliche<br />

Orgelpfeifen Pergamentstücke geklemmt, um festzustellen, wie<br />

das den Klang verändert. Den Abt hat vor Wut schier der Schlag<br />

getroffen. Besonders hatten es ihm die Studien von Leonardo da<br />

Vinci angetan. Er hat versucht, da Vincis Flugapparate nachzubauen,<br />

im Kleinen natürlich, wenn meine Schwester auch immer in<br />

Angst lebte, er könnte mit einer dieser Konstruktionen vom Dach<br />

springen! Ein paar von den Dingern sind sogar ein Stückchen weit<br />

geflogen. Gleich nach der Schule, er war kaum älter als du jetzt,<br />

hat er die Aufnahmeprüfung der Universität in Ais geschafft. Mit<br />

neunzehn war er Doctor, und bereits mit zweiundzwanzig unterrichtete<br />

er als Professor an der Universität. Bei den Studenten war<br />

er sehr beliebt. Der Kanzler dagegen hätte ihn am liebsten zum<br />

Teufelgejagt. Er fand, dass Pierres Forschungen nicht im Einklang<br />

mit den Lehren von Mutter Kirche waren. Aber Pierre war nun<br />

mal ein brillanter Geist, der hervorragende Schriften veröffentlichte<br />

und unschlagbare Dispute abhielt. Weder der Kanzler noch<br />

der Rektor konnten sich leisten, ihn zu verlieren.»<br />

266

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!