04.11.2013 Aufrufe

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Teichs auf einem Po<strong>des</strong>t, eine Nymphe im römischen Stil, die ein<br />

Füllhorn in der Hand hielt. Anmutig hatte sie einen Fuß angewinkelt,<br />

einen Ellenbogen gehoben, den Kopf geneigt in Richtung <strong>des</strong><br />

Horns, <strong>des</strong>sen Öffnung nach unten zeigte, und wenn man einen<br />

Moment lang die Augen schloss, sah man klares Wasser aus diesem<br />

Horn fließen und sich in den Teich ergießen, wo es funkelnde<br />

Ringe in die spiegelnde Oberfläche grub.<br />

Das Funkeln rief die Geister herbei, Geister wie hüpfende, spielende<br />

<strong>Kinder</strong>, ein Junge, blond wie Weizen, ein Mädchen, dunkelhaarig<br />

wie Ebenholz, elfengleich am Rand <strong>des</strong> Teiches tanzend, und<br />

das dritte, das ihnen mit tapsigen Schritten hinterher lief, stolpernd<br />

über den Saum seines Klei<strong>des</strong>, helle Locken, auf denen das So nnenlicht<br />

tanzte. Zur Schaukel, rief der Junge, zur Schaukel riefen auch<br />

die Mädchen, und als Cristino blinzelte, war niemand da, der Teich<br />

einsam, der Garten still wie zuvor.<br />

Cristino lief weiter, nach rechts, dichtes Buschwerk verwehrte<br />

die Sicht nach beiden Seiten, und dann öffnete sich das Gebüsch,<br />

und sie hatte ihr Ziel erreicht. Eine Lichtung, still im Schatten der<br />

behütenden alten Bäume, dazwischen leuchtend grün das Gras im<br />

Schein der friedlichen Sonne, und das Zirpen unzähliger Grillen<br />

als einziges Geräusch. Der größte der Bäume war es, der seine Äste<br />

über die Lichtung neigte, wie eine Mutter schützend ihre Arme<br />

über ihr Kind breitet.<br />

An seinem kräftigsten Ast hing eine lange <strong>Kinder</strong>schaukel.<br />

<strong>Die</strong>smal blinzelte Cristino gleich dreimal. Sie war sich inzwischen<br />

sicher, sich in einem Traum zu befinden, in einem Traum<br />

vom Garten Eden, denn was sonst konnte dieser Ort sein, der so<br />

friedlich, so wunderschön und gleichzeitig so traurig war, wie sonst<br />

konnte sie es sich erklären, dass nichts, was sie in diesem Garten<br />

wahrnahm, real zu sein schien, der Teich nicht und die Marmorstatue<br />

nicht und am allerwenigsten die Schaukel.<br />

<strong>Die</strong> Schaukel, von der sie gewusst hatte, dass sie sie hinter jenem<br />

Dickicht finden würde.<br />

<strong>Die</strong> Schaukel, der die unsichtbaren <strong>Kinder</strong> entgegengerannt<br />

waren.<br />

Allein das bewies, dass sie träumte.<br />

274

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!