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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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<strong>Die</strong> Lampe flackerte an der Wand, Schatten, die sich bogen auf<br />

der seidenen Tapete. Cristino begann unwillkürlich, das Ave Maria<br />

herunterzuleiern. Ave Maria Mutter Gottes vollder Gnaden du<br />

bist gebenedeit unter den Weibern und gebenedeit ist die Frucht<br />

deines Leibes Jesu heilige Mutter Gottes steh uns bei und bitte für<br />

uns jetzt und in der Stunde unseres To<strong>des</strong> …<br />

… in der Stunde unseres To<strong>des</strong> …<br />

<strong>Die</strong> Hand griff aus dem Nichts nach ihr. Sie wollte schreien, doch<br />

das Entsetzen würgte ihre Stimme ab. Ein fremder Körper gegen<br />

den ihren, ein fremder Arm um ihre Brust, der sie an sich presste,<br />

so fest, dass jede Bewegung unmöglich war. «Ganz ruhig», sagte<br />

eine Stimme, «ganz ruhig, es tut nicht weh.» Cristino war ruhig.<br />

Vollkommen ruhig. In aller Ruhe starrte sie auf die Messerklinge,<br />

die in einer behandschuhten Hand lag und sich langsam auf ihre<br />

Kehle zubewegte.<br />

Dann sprang er in ihr Gesichtsfeld, ein seltsames schwarzes Glitzerwesen,<br />

Schatten einer flackernden Fl amme huschten über sein<br />

Gesicht, ein Gesicht starr und weiß wie Alabaster, schwarze Löcher<br />

die Augen und ein Streifen Rot über seine rechte Gesichtshälfte.<br />

Etwas lag in seiner Hand, eine Steinschleuder, wie Frederi Jùli sie<br />

hatte, um die Tauben zu erschrecken, eine Steinschleuder , die au f<br />

ihren Kopf zielte, und Cristino fragte sich, warum er sich noch die<br />

Mühe machte, mit Steinen nach ihr zu werfen, wo ein anderer sich<br />

doch anschickte, ihr die Kehle durchzuschneiden. Und der Stein<br />

flog, sie spürte den Luftzug, als er an ihrer Schläfe vorbeistrich,<br />

und hinter ihr ein gurgeln<strong>des</strong> Geräusch, das Messer zuckte in die<br />

Luft, der Arm löste sich von ihrem Körper, und endlich kam der<br />

Aufschrei über ihre Lippen, während sie sich losriss und vorwärts<br />

stolperte, auf die rettende Tür zu, durch die sie hindurchstürzte,<br />

um sie hinter sich ins Schloss zu werfen und sich dagegen zu lehnen.<br />

«Alessia!», kreischte sie und tastete im Dunkeln nach dem<br />

Riegel. «Alessia, Hilfe!»<br />

Kein Riegel, diese gottverdammte Tür hatte keinen Riegel! Sie<br />

hörte Stimmen auf dem Gang, sie kamen, um sie zu holen, «Alessia!»,<br />

kreischte sie.<br />

Es brannte kein Licht in dem Raum, doch das Mondlicht, das<br />

durchs Fenster fiel, erleuchtete den Diwan an der Wand gerade aus-<br />

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