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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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aus Heiligenprozession, Festumzug und Narrenspektakel auf gut<br />

Französisch nannte. Seit zehn Uhr vormittags wälzte sich ein endloser<br />

Menschenzug durch die Straßen von Ais. Voraus schritten<br />

die hohen Vertreter der Geistlichkeit, der Bischof, der päpstliche<br />

Nuntius, die Vorsteher verschiedener Klöster, gefolgt vom kirchlichen<br />

Fußvolk, einfache Priester, Mönche und Nonnen und eine<br />

unübersehbare Zahl an Messdienern, die allerlei Reliquien und<br />

Heiligenstatuen mit sich führten. Ihnen folgten die Honoratioren<br />

der Stadt, die Konsuln, die Parlamentspräsidenten, die Mitglieder<br />

<strong>des</strong> Conseil und das Direktorium der Universität. Danach kamen<br />

die reichen Bourgeois , Kaufleute und Advokaten, denen der dicke<br />

Geldsäckel ins Gesicht geschrieben stand, und hinter ihnen, etwas<br />

bescheidenergekleidet, aber nicht weniger würdevoll, die Vertreter<br />

der Zünfte. Fast nahtlos ging die ehrgebietende Prozession dann in<br />

ein wil<strong>des</strong> Spektakel über. Handwerksgesellen schleppten Strohpuppen,<br />

die mit ihrer Kleidung und der Art ihrer Darstellung an<br />

Personen <strong>des</strong> öffentlichen Lebens erinnerten, und zwar nicht immer<br />

in schmeichelhafter Weise – besonderen Anstoß erregte eine,<br />

die den Ersten Parlamentspräsidenten zeigte, wie er wie ein Straßenräuber<br />

mit vorgehaltenem Dolch einem Bauern die Taschen<br />

leerte. Das wird noch ein Nachspiel haben, empörte sich Duran de<br />

Pontevès, und zwar ein gewaltiges! Dazwischen hatten sich Gaukler<br />

gemischt, gekleidet wie die Narren an der Carnava, die allerlei<br />

Kunststücke vorführten und mit den Zuschauern ihren Schabernack<br />

trieben. Letztere – die Zuschauer – standen zu Hunderten am<br />

Straßenrand und beobachteten das Spektakel, und über allem lag<br />

ein eigentümlicher Lärm, der sich aus mehr oder weniger kunstvoll<br />

intonierten Messgesängen, <strong>Kinder</strong>geschrei, Flötengedudel und<br />

dem unablässigen Raunen der Menschenmenge zusammensetzte.<br />

Wer in Ais auch nur das Geringste auf sich hielt, dem blieb nichts<br />

anderes übrig, als dem Ereignis zumin<strong>des</strong>t als Zuschauer beizuwohnen,<br />

und dieser Umstand hatte zur Folge, dass, als Arnac de<br />

Couvencour gegen zwei Uhr nachmittags an die Haustür der Aubans<br />

klopfte, weder Frederi zu Hause war – der ihn sicher augenblicklich<br />

zum Teufel gejagt hätte – noch Onkel Philomenus – der<br />

vermutlich das Gleiche getan hätte. Wer ihn in Empfang nahm, war<br />

niemand anders als Oma Felicitas, die der Familie rundum erklärt<br />

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