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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Ihr solltet das nicht so herunterspielen, Mutter!», sagte Philomenus<br />

tadelnd. «Ich erinnere mich noch an die Zeit, als diese<br />

Untiere in unseren Ländern wüteten und eine Blutspur quer durch<br />

den Luberoun zogen. Sollen wir zulassen, dass diese Tage sich<br />

wiederholen?»<br />

«Eine Blutspur! Quer durch den Luberoun!» Oma Felicitas’<br />

Stimme klang spöttisch. «Liebste Eusebia, dein Mann neigt zu<br />

maßloser Übertreibung!»<br />

«Wollt Ihr etwa abstreiten, dass dieses Gesindel unsere Gegend<br />

jahrelang mit Raub und Mord überzogen hat?», schrie Philomenus<br />

seine Mutter an. «Wollt Ihr bestreiten, dass sie die göttliche Ordnung<br />

selbst in Frage gestellt haben?»<br />

«Oh Gott, Philo, das waren ein paar Strauchdiebe!» <strong>Die</strong> Großmutter<br />

verdrehte ihre dunklen Augen. «<strong>Die</strong> Sache wurde furchtbar<br />

hochgespielt, weil sie ein paar hochgestellten Persönlichkeiten<br />

die Gäule geklaut haben! Blutspur! Ich weiß nicht von einem einzigen<br />

Mord, den diese Bande von Hungerleidern begangen hätte,<br />

und das mit der göttlichen Ordnung ist ja wohl auch ein bisschen<br />

übertrieben.»<br />

«Keinen einzigen Mord, ja?», rief Onkel Philomenus. «Und was<br />

war mit Degrelho?»<br />

In einem Moment schien Stille wie ein Eisregen auf den Tisch<br />

niedergestürzt zu sein. <strong>Die</strong> Dame Castelblanc starrte ihren Bruder<br />

an mit offenem Mund und geweiteten Augen, und neben ihr<br />

schlossen sich Frederis Fäuste, öffneten und schlossen sich wieder.<br />

Oma Felicitas’ Gesicht war eingefroren, so wie man sagt, dass böse<br />

Grimassen missgünstiger Weiber einfrieren können, ihre verzogenen<br />

Lippen gaben ihr vom Alter gelb verfärbtes, aber noch erstaunlich<br />

vollständiges Gebiss frei.<br />

«Nun», die Dame Castelblanc gab ein albernes Kichern von sich,<br />

«wie wäre es, wenn wir über Erfreulicheres redeten als dieses<br />

Raubgesindel? <strong>Die</strong> armen Mädchen werden noch Albträume bekommen!<br />

Ich möchte morgen früh unbedingt in die Stadt fahren»,<br />

plapperte sie auch schon munter drauflos, «zum Schneider, und<br />

zum Schuhmacher, ich brauche unbedingt ein Paar dieser neuen<br />

Schuhe, du weißt schon, Eusebia, die mit den silbernen Spangen<br />

und den erhöhten Absätzen.»<br />

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