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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«<strong>Die</strong> werden merveilleux zu meinem blauen Kleid aussehen!»,<br />

erklärte Catarino ein ums andere Mal, während Cristino in stiller<br />

Verzückung auf das Blitzen und Blinken der Silberfäden um<br />

ihren Fuß blickte. <strong>Die</strong> Mutter und die Großmutter bewunderten<br />

sie nach Kräften, «meine Töchter» jauchzte die eine und «meine<br />

Enkel» die andere, um sich im nächsten Moment so giftige Blicke<br />

zuzuwerfen wie zwei Hennen, die um denselben Hahn balzten.<br />

Der Cavalié de Castelblanc beglückwünschte pflichtschuldig seine<br />

Stieftöchter, und alles war somit wie erwartet, inklusive der gönnerhaften<br />

Ratschläge von Onkel Philomenus und Tante Eusebias<br />

spitzer Kommentare.<br />

Fabiou der Poet war gleich zu Beginn der Kleiderschau ins Studierzimmergeflohen,<br />

wo ein verzweifelter Frederi Jùli «video, vi<strong>des</strong>,<br />

videt, videmus, videtis, vident» vor sich hin jammerte. «Merk’ dir<br />

eins fürs Leben, Kleiner», meinte er weise. «Wenn Weiber ihren<br />

Modefimmel kriegen, hilft nur die sofortige Flucht.»<br />

Catarino nahm das Desinteresse ihres Bruders mit würdevoller<br />

Gelassenheit hin. «Fabiou ist ein ignorant , das habe ich schon immer<br />

gewusst», erklärte sie ihrer Schwester. «Interessiert sich nur<br />

für seine drittklassige Poesie und für seine komischen Mordgeschichten!<br />

Pah!»Cristino hörte ihr nur miteinem Ohr zu. Sie hatte<br />

soeben eine beunruhigende Feststellung gemacht. Ein bisschen,<br />

einganz kleines bisschen drückten die neuen Schuhe.<br />

Hab dich nicht so, dumme Gans, neue Schuhe drücken immer,<br />

wenn du erst mal ein paar Stunden in ihnen gelaufen bist, wird das<br />

schon.<br />

«Ich bin so gespannt, wer morgen alles da sein wird», plapperte<br />

Catarino weiter. «Wahrscheinlich kenne ich einige von zu Hause,<br />

aber es werdenja auch Leute aus anderen Gegenden kommen.» Sie<br />

seufzte tief bei dem Gedanken daran, was für prächtige Burschen<br />

ihr auf der Feier bei den Ardoches begegnen mochten. Der Cavalié,<br />

der offensichtlich Gedanken lesen konnte, erklärte steif, er verlasse<br />

sich darauf, dass sie beide anständige Mädchen seien und sich von<br />

keinem derjungen Herren zu einem sündhaften Tun hinreißen ließen,<br />

was Cristino bis hinter beide Ohren erröten ließ, während Catarino<br />

eifrig versicherte, nie würde sie etwas tun, was ihre Tugend<br />

in Gefahr bringen könne, und das ganze mit einem so übertrieben<br />

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