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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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öse Blicke zuwarf, die diese geflissentlich übersah, Frederi, hatte<br />

sie ihn je mit so einer Inbrunst beten sehen, den Kopf gesenkt, die<br />

Augen geschlossen, zitternde Hände ineinandergekrampft vor die<br />

Brust gepresst?<br />

Dann hob sie den Kopf und blickte auf die Grabsteine.<br />

Sie mochte Grabsteine nicht. Das lag daran, dass sie Friedhöfe<br />

nicht mochte, so wie sie alles nicht mochte, was mit Tod zu tun hatte.<br />

Beatitudo Avingou, das musste Omas jüngere Schwester sein,<br />

Tante Beatitudo, von der die Mutter manchmal erzählte. <strong>Die</strong> arme<br />

Tante Beatitudo, sagte sie meist, nicht weil sie schon tot war, sondern<br />

weil ihr Vater, der Cavalié Martin de Valoun, sie aus Geldnot<br />

einem reichen Bürgerlichen zur Frau gegeben hatte, eben jenem<br />

Rouland Avingou, der neben ihr lag. Pierre Avingou musste ihr<br />

Sohn sein, sie hatten einen Sohn, der früh starb, und eine Tochter,<br />

wie hieß sie noch? –die Nonne war und in Rom lebte. Aber wer war<br />

es, der zwischen den Valouns und Robon d’Auban ruht e ?<br />

Unserer angebeteten Tochter Fortuna…<br />

Geboren 1488, gestorben 1504 . Sechzehn Jahre alt geworden.<br />

Sechzehn.<br />

<strong>Die</strong> Angst griff nach ihr wie eine Totenhand aus einem frisch<br />

aufgeschütteten Grab. Sie spürte, wie ihre Kehle sich verengte,<br />

die Atemzüge aus ihrer Lunge aussperrte, ich will nicht sterben,<br />

Mama, hilf mir doch, Mama Mama Mama.<br />

Sie hatten Glück. Nach dem schmerzensreichen Rosenkranz war<br />

Oma Felicitas offensichtlich der Meinung, dass der Pflicht Genüge<br />

getan war, und sie kämpfte sich ächzend wieder auf die Knie. «Na,<br />

Gott sei Dank», murmelte Catarino und klopfte sich den Staub vom<br />

Kleid – ebenfalls eines ihrer besten und was Farbe und Ausschnitt<br />

betraf eigentlich gerade nicht mehr schicklich für die Kirche. «Cristino,<br />

komm, was ist?… Cristino?»<br />

Cristino taumelte auf die Füße, kalkweiß ihr Gesicht und ihre<br />

Hände, sie griff nach Catarinos Arm, klammerte sich schwankend<br />

an ihr fest.<br />

«Ist etwas, Kind?», fragte Oma Felicitas, den Kopf zur Seite geneigt,<br />

um ihr ins Gesicht schauen zu können. «Ist dir nicht wohl?»<br />

Cristino starrte auf den Grabstein. Filiae adoratae Fortunae Valonae.<br />

«Wer… wer war sie?», fragte sie.<br />

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