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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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zose auf hundert Schritte ins Gesicht geschrieben stand, quasselte<br />

er mit der Panschers-Terèso in erstaunlichem Provenzalisch, machte<br />

ihr Komplimente ob ihres geschmackvollen Klei<strong>des</strong>, ihres schönen<br />

Haars und ihres reizenden Fräulein Tochters – bei diesen Worten<br />

wurde die Schankgöre rot wie der Wein in den Gläsern und trat<br />

verlegen von einem Fuß auf den anderen – und erhielt schließlich<br />

das zweitschönste Zimmer zum halben Preis.<br />

Ein so freundlicher Herr, und wenn halt das billigere nicht frei<br />

ist, sagte die Panschers-Terèso zum Schankmädchen und wies sie<br />

an, dem Fremden Brot, Käse und Wein zu bringen.<br />

Der dritte Fremde kam auf der Route d’Avignon , durchquerte<br />

die Porto dis Courdelié und erreichte die Cacalauso d’O r am s päten<br />

Vormittag. In der Gaststube war nicht allzu viel los, als er eintrat,<br />

die Panschers-Terèso lehnte am Schanktresen und unterhielt sich<br />

über ein Glas Branntwein hinweg mit einem Bierkutscher, und die<br />

Schankgöre versorgte gerade ein paar durstige Maurergehilfen von<br />

St. Sauvaire, Ais’größter Baustelle, mit Getränken.<br />

«Guten Tag», sagte er in ordentlichem Provenzalisch, «habt Ihr<br />

noch ein Zimmer frei?»<br />

<strong>Die</strong> Panschers-Terèso musterte den neuen Gast von Kopf bis Fuß.<br />

Er war nicht sehrgroß, ein freundliches, fast jungenhaftes Gesicht,<br />

wenn er auch bestimmt um die vierzig Jahre zählte. Unter den hellen,<br />

fast blonden Brauen sahen ihr zwei ebenso helle, wasserklare<br />

Augen entgegen.<br />

«Heute will alle Welt ein Zimmer!», murrte die Terèso. «Gut,<br />

ein Zimmer habe ich noch, aber es liegt zur Straße ‘raus, ich sag’s<br />

Euch gleich!»<br />

«Oh, das macht nichts, ich bin nicht lärmempfindlich.» Der Fremde<br />

schenkte ihr ein Lächeln, das schneeweiße Zähne entblößte.<br />

«In Ordnung – Kleine, mach das Zimmer fertig. Wollt Ihr etwas<br />

essen, Mèstre?»<br />

«Oh, etwas Brot und Käse vielleicht… und etwas Wein…»<br />

«Ich bringe Euch etwas. Setzt Euch.»<br />

Der Fremde schritt durch den Schankraum, blieb schließlich vor<br />

dem Tisch stehen, an dem der Franzose mit den dichten Locken gerade<br />

die letzten Bissen seines Brotes hinunterschluckte und sagte:<br />

«Bei Euch ist gewiss noch ein Platz frei, Monsieur?»<br />

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