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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Doch zu seinem Erstaunen entgegnete Victor: «Oh, ich denke<br />

schon, dass es ihn wirklich gegeben hat. Aber eine Legende ist er<br />

trotzdem! Der heldenhafte Beschützer der Armen und Schwachen,<br />

der geheimnisvolle Wächter <strong>des</strong> Luberoun, der unermüdliche<br />

Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit – es gibt in dieser Gegend<br />

etwa so viele Geschichten über ihn und seine geheime Bruderschaft<br />

wie über Raymoun de Turenne, die Geißel der Pr ovence<br />

– bloß schönere.»<br />

«Was für Geschichten denn?», fragte Fabiou neugierig.<br />

«Oh, von ausgebeuteten Bauern, die er gegen ihre machtgierigen<br />

Herren verteidigt hat, von unschuldig Verurteilten, die er vor dem<br />

Galgen gerettet hat, und so weiter. Wie in den schönen alten Rittersagen<br />

eben. Der edle Ritter, der die einfachen Leute beschützt.<br />

Onkel Hector hat mir einige von diesen Geschichten um Carfadrael<br />

erzählt, damals. Und die übrigen kenne ich von den Bauern aus<br />

unseren Dörfern.»<br />

«Und wer war er, dieser Carfadrael?», fragte Fabiou.<br />

«Das weiß keiner. Ein Adliger, heißt es. Oder ein Geist. Keine<br />

Ahnung. Er tauchte auf aus dem Nichts, und ebenso plötzlich verschwand<br />

er einige Jahre später wieder, ohne irgendeine Spur zu<br />

hinterlassen. Eine seltsame Geschichte, wirklich. Aber die Menschen<br />

lieben sie. Onkel Hector liebte sie. Carfadrael war eine Figur<br />

so richtig nach seinem Geschmack.» Er seufzte wieder. Er vermisst<br />

seinen Onkel wirklich, dachte Fabiou. «Was ist eigentlich aus den<br />

Mädchen geworden?», fragte er unvermittelt. «Ich habe dich doch<br />

richtig verstanden – dein Onkel hatte noch drei Töchter, oder?»<br />

Victor sah ihn seltsam an. Sehr seltsam. «Nun, sie sind tot»,<br />

sagte er. «Ich dachte, das wüsstest du.»<br />

Und in diesem Moment fuhrder Blitz nieder.<br />

Binnen Sekunden herrschte ein apokalyptisches Durcheinander.<br />

<strong>Die</strong> Weiber kreischten, die Männer fluchten, die Pferde wieherten<br />

und stiegen, die Hunde zogen jaulend den Schwanz ein, doch lauter<br />

als alle Geräusche, die Mensch und Tier hervorzubringen vermochten,<br />

heulte der Sturm und brüllte der Donner und brauste der<br />

Regen auf den Wald hinab, den Boden in Schlamm verwandelnd<br />

und alles bis auf die Haut durchnässend. «Zum Haus!», brüllte der<br />

Senher d’Astain, «zum Haus!», brüllte Victor, und schreiend, jam-<br />

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