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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Jemand schloss eine Tür zu ihrer Linken auf, eine schwere Eichentür<br />

mir Eisenbeschlägen, schwarz vom Alter. Durch Sébastiens<br />

Geist schossen im Bruchteil einer Sekunde sämtliche Horrorgeschichten,<br />

die er in seinem Leben über Leute gehört hatte, die<br />

man über Jahre in irgendwelchen feuchten Löchern eingekerkert<br />

hatte, bis sie verhungerten oder an der Schwindsucht starben oder<br />

den Verstand verloren. Jemand packte ihn an den Schultern und<br />

schob ihn durch die Tür.<br />

Es war um keinen Deut besser, als Sébastien es sich vorgestellt<br />

hatte. Er stand in einem Kellergewölbe, etwa vier mal vier Schritt<br />

groß, eine hohe Decke, von der Spinnweben herabhingen wie ein<br />

Baldachin aus schmutzigweißem Tüll. Grüner Schimmel klebte<br />

auf den feuchten Wänden, in einer Ecke fiel ein Wassertropfen von<br />

der Decke, ein langsames stetiges Plick; den Stein, auf dem er auftraf,<br />

hatten seine jahrzehntelangen Bemühungen glattgeschliffen.<br />

Ein Geruch von Fäulnis und Alter hing in der stehenden Luft; der<br />

einzige Schimmer Lichts kam von der Fackel, die ein <strong>Knecht</strong> hinter<br />

Sébastien in den Händen hielt, der Raum hätte tausend Fuß unter<br />

der Erde liegen können, so hermetisch abgeriegelt war er.<br />

Es war eisig kalt.<br />

Bisher war es die Entrüstung gewesen, die Sébastiens Protest<br />

motiviert hatte, die Empörung über die unglaublich unwürdige<br />

Behandlung, die ihnen widerfuhr. Jetzt war es nackte To<strong>des</strong>angst.<br />

So aussichtslos es war, er begann mit einem neuen Vortrag über<br />

sein Recht auf stan<strong>des</strong>gemäße Behandlung, über Ehre und Würde<br />

und christliche Nächstenliebe. Keiner schien davon auch nur Notiz<br />

zu nehmen. Hinter ihm wurde Arnac zur Tür hereingeschleift.<br />

Sébastien fühlte, wie sich jemand an seinen Händen zu schaffen<br />

machte, und im nächsten Moment löste sich die Schnur, die seine<br />

Handgelenke zusammengehalten hatte. Er merkte erst jetzt,<br />

dass seine Finger bereits völlig eingeschlafen waren. Viel Zeit zur<br />

Freude blieb ihm allerdings nicht. Zwei der <strong>Knecht</strong>e stießen ihn<br />

gegen die Wand. Er war so geschockt, dass er überhaupt keinen<br />

Widerstand leistete, als sie seinen rechten Arm beiseite zogen und<br />

ein rostiger Metallring sich um sein Handgelenk schloss. Er war<br />

über eine ebenso rostbraune Kette mitder Wand verbunden. «Mergoult»,<br />

krächzte er in Panik, «das könnt Ihr nicht machen, wir sind<br />

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