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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Aber ein leben<strong>des</strong> Wesen müsste man doch sehen können,<br />

wenn es einen Menschen anspringt.» Frederi Jùli stellte sich das<br />

Contagion offensichtlich so etwa wie eine Kröte vor.<br />

«Himmel, es gibt viele Dinge, die so klein sind, dass man sie<br />

nicht oder nur mit einem Vergrößerungsglas sieht!», rief Cristino.<br />

«Selbst einen Floh siehst du im Normalfall nicht, und <strong>des</strong>halb ist er<br />

trotzdem lebendig. – Andererseits gibt es auch nicht lebendige Dinge,<br />

die sich ausbreiten – Feuer zum Beispiel. Das Contagion könnte<br />

somitauch einunbekanntes Element sein.»<br />

<strong>Die</strong> Dame Castelblanc hielt nichts von den wissenschaftlichen<br />

Überlegungen ihrer Tochter. «Es ist an der Zeit, dass du mit diesen<br />

lächerlichen Spielereien aufhörst, du bist schließlich eine erwachsene<br />

Frau», schimpfte sie. Und dann verkündete sie, dass der Cavalié<br />

de Siest ihr einen Besuch abgestattet habe, um ihr mitzuteilen,<br />

dass er ernsthaft an Cristino interessiert sei. «Wir müssen natürlich<br />

noch warten, bis dein Vater» – sie meinte Frederi – «wieder<br />

zurück ist. Aber ich bin dafür, dass wir das Verlöbnis d ann rasch<br />

unter Dach und Fach bringen. Du wirst nicht allzu viele Angebote<br />

bekommen, mein Kind, nach allem, was passiert ist.» Cristino gab<br />

zu bedenken, dass der Cavalié de Siest mehr als doppelt so alt sei<br />

wie sie, doch die Dame Castelblanc war der Meinung, ein reiferer<br />

Herr wäre genau das, was ein verwöhntes Kind wie sie brauche,<br />

und einen Besseren fin<strong>des</strong>t du sowieso nicht, meine Liebe, nach<br />

allem! Das war ihr Standardsatz geworden. Nach allem.<br />

Am 5 . August war Cristinos siebzehnter Geburtstag. Es war ein<br />

seltsames Ereignis für Cristino, deren Geburtstag bisher im April<br />

gelegen hatte, zumal sie jetzt quasi von einem Tag auf den anderen<br />

um ein halbes Jahr älter geworden war. Zu Victor, der zur Feier <strong>des</strong><br />

Tages zu Besuch kam, meinte sie scherzhaft, das müsse ihr erst mal<br />

einer nachmachen, innerhalb von einem Jahr zweimal Geburtstag<br />

und zweimal Namenstag zu haben, aber ihr Lachen dabei klang<br />

etwas gezwungen.<br />

Zwar galten Geburtstagsfeiern als protestantische Unsitte, doch<br />

das hatte Madaleno nicht daran gehindert, zur Feier <strong>des</strong> Tages den<br />

halben Luberoun einzuladen – ihr war im Moment jeder Anlass<br />

für eine Feierlichkeit recht. Cristino verbrachte einen mehr als<br />

langweiligen Nachmittag umringt von Siest und einigen weiteren<br />

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