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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Trévigny und vielleicht, vielleicht sogar Arnac de Couvencour wiederzusehen.<br />

Warum auch nicht? Natürlich, sie hatte geschworen,<br />

Arman de Mauvent bis in alle Ewigkeit die Treue zu halten, und<br />

sie dachte auch gar nicht daran, diesem Vorsatz untreu zu werden,<br />

aber dashieß ja nicht, dass sie sichfür den Rest <strong>des</strong> Sommers in ihr<br />

Zimmer einschließen musste. Zumal sie sowieso keine Möglichkeit<br />

hatte, sich um besagte Festivitäten zu drücken, schließlich wollte<br />

ihre Mutter, dass sie daran teilnahm. Selbstverständlich würde<br />

sie alle Bewerber ablehnen und sich zum Ende der Saison in ein<br />

Kloster zurückziehen, aber bisdahin konnte es nichts schaden,den<br />

Wünschen ihrer Mutter zu entsprechen, gehorsame Tochter, die<br />

sie war. Und auch ansonsten gab es keinen Grund, den Miesepeter<br />

zu spielen; es war jetzt ja alles in Ordnung, Blödsinn, sich über<br />

Vergangenes den Kopf zu zerbrechen, das taten Catarino und die<br />

Mutter schließlich auch nicht. Das Grübeln sollte man den Greisen<br />

überlassen, meint Trévigny, und recht hat er, vom Grübeln kriegt<br />

man Falten, wie die Mutter sagt, also mach ein fröhliches Gesicht<br />

und vergiss das Ganze, Cristino!<br />

Es waren vor allem seine Augen. <strong>Die</strong> Augen blickten nicht ins<br />

Leere, wie man es Toten nachsagt. <strong>Die</strong> Augen waren lebendig geblieben,<br />

lebendig genug, sie zu fixieren, sie anzublicken, scherzend<br />

ihr zuzuzwinkern. Ja, Cristino, so ist es, sagten die Augen<br />

und schillerten vor unterdrücktem Lachen. So geht es im Leben.<br />

Gerade ist man noch lebendig und vergnügt und geht seinem üblichen<br />

Tagewerk nach, und plötzlich ist man starr und tot, und das<br />

Blut schlägt Wellen aufder Brust, und die Glieder erkalten, und die<br />

Haut erbleicht, und dahin ist alles, die Jugend, die Kraft, der Puls,<br />

der soeben noch heißes Blut durch diese Adern gejagt hat, die Geschmeidigkeit<br />

der Bewegung, <strong>des</strong> Laufens,<strong>des</strong> Tanzens,die Anmut<br />

eines Lachens und der Wohlklang einer Stimme, all das ist jetzt<br />

Verwesung, Verfall, Würmerfraß. Das Blut, Cristino, so viel Blut,<br />

jetzt fließt es unnütz über den Boden, tränkt den Straßenstaub,<br />

trocknet im Glanz der Sonne auf den Feldsteinen, wo ich es doch<br />

so gebraucht hätte,dieses Blut,das mich so lange gewärmt, meinen<br />

Körper mit Kraft erfüllt hat.<br />

Blut, Cristino.<br />

So viel Blut.<br />

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