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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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muss, selbst wenn er ein Dummkopf ist, der mich behandeln darf<br />

wie den letzten Dreck, der mich sogar schlagen darf, wenn es ihm<br />

gefällt? Ein Mann, der sich abends besäuft und danach im Ehebett<br />

über mich herfällt ohne jede Rücksicht auf meine Gefühle? Und<br />

selbst wenn ich Glück habe, und er ist lieb und sanft und freundlich,<br />

vorjedem Schritt, den ich mache,jedem Wort, das ich spreche,<br />

seine Erlaubnis einholen müssen? Ein Leben, in dem Denken verboten<br />

ist, in dem es als unschicklich angesehen wird, wenn ich ein<br />

Buch aufschlage, nie mehr disputieren, philosophieren, nie mehr<br />

auf dem Weg der Erkenntnisgehen? Und dafür <strong>Kinder</strong> kriegen, Jahr<br />

für Jahr einen dicken Bauch vor sich herschieben, bis man schließlich<br />

eines Tages im Kindbett verblutet? Catarino, so leid es mir tut,<br />

an diesem Leben kann ich nichts Erstrebenswertes finden!»<br />

<strong>Die</strong> Mädchen starrten sie an mit offenem Mund. Catarino war<br />

noch nie so sprachlos gewesen.<br />

«Sie mich an, Catarino», sagte Tante Beatrix. «Ich bin Äbtissin.<br />

Ich stehe einem Kloster vor, leite es, vertrete es in allen Dingen.<br />

Man behandelt mich mit Respekt, meine Meinung ist gefragt,<br />

sogar unter Männern. Ich bin in der Lage, mich meinen wissenschaftlichen<br />

Studien zu widmen, der Medizin, der Erforschung der<br />

Natur, ich kann sogar wissenschaftliche Abhandlungen schreiben,<br />

ohne dass es als verwerflich angesehen wird. Catarino, nicht für<br />

allen Luxus und alle fleischlichen Genüsse dieser Welt würde ich<br />

mein Leben gegen das einer Ehefrau eintauschen!»<br />

<strong>Die</strong> Mädchen schwiegen noch immer, völlig verdattert. Tante<br />

Beatrix seufzte. «Oh je, habe ich jetzt euer Weltbild ins Wanken<br />

gebracht? Philomenus wird mich umbringen, schätze ich.» Sie<br />

kicherte.<br />

«Aber … aber… es ist doch auch einfach nicht der Sinn der Sache,<br />

dass Frauen sich mit Wissenschaft beschäftigen», meinte Cristino<br />

hilflos. «Das ist doch nun mal die Aufgabe der Männer. Wir<br />

Frauen haben andere Aufgaben.»<br />

«Was für Aufgaben? <strong>Kinder</strong> zu gebären?»<br />

Cristino nickte lahm.<br />

«Wisst ihr, was meine Meinung dazu ist? Wenn Gott nicht gewollt<br />

hätte, dass Frauen denken, dann hätte er sich wohl nicht die<br />

Mühe gemacht, sie mit einem Kopf auszustatten. Eine Gebärmut-<br />

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