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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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gesehen hatte. Eher so eine Art gleichgültige Kenntnisnahme. <strong>Die</strong><br />

Herren feiern, die Herren jagen, die Herren hängen auf, ein weiterer<br />

Zeitvertreib in einer Welt, die sich ihrem Begreifen entzog. Es<br />

war keiner von ihnen, das war das Einzige, was zählte.<br />

Man saß ab und band die Pferde an den umstehenden Bäumen<br />

an. <strong>Die</strong> Waffenknechte nahmen Aufstellung rund um den Galgen.<br />

Bertran de St. Roque wollte aus irgendeinem Grund unbedingt selber<br />

das Seil am Galgen befestigen, so dass Alexandre de Mergoult<br />

ihm erst mal lang und breit erklären musste, wie man die Schlinge<br />

knüpft. Maynier hatte einen Stuhl mitbringen lassen, auf dem er<br />

Platz nahm und ab und zu ungnädige Blicke in Richtung von St.<br />

Roque und seinem Sohn schickte; er fand dieganze Angelegenheit<br />

offensichtlich ziemlich unprofessionell.<br />

Fabiou hatte das Gefühl, in einem Traum gefangen zu sein.<br />

Benommen tappte er über den Platz vor dem Galgen, in seinem<br />

Rücken die stumm schauenden Bauern, vor ihm die Mergoults<br />

mit ihren Freunden und ihrer Privatarmee und der Galgen, den<br />

die Morgensonne einen langen Schatten über den Hügel werfen<br />

ließ. Loís hatten sie neben den Galgen gestellt, flankiert von zwei<br />

Waffenknechten.<br />

<strong>Die</strong> Schlinge war geknüpft, St. Roque reckte begeistert eine Faust<br />

in die Höhe, als habe er den Stein der Weisen entdeckt. Na, endlich,<br />

kommentierte Maynier von seinem Sitzplatz aus und setzte sich<br />

seufzend zurecht. Loís schwankte in der Sonne.<br />

Lieber Herr Jesus gütige Jungfrau Maria Mutter Gottes, steht<br />

uns bei, tut etwas, irgendetwas, bloß rettet Loís, rettet Loís!<br />

<strong>Die</strong> Waffenknechte packten Loís unter den Armen und zerrten<br />

ihn die Stufen zur Galgenplattform hinauf.<br />

«Ein Priester!», kreischte Fabiou. «Ihr habt nicht mal einen Priester!<br />

Jedem Verurteilten steht doch zumin<strong>des</strong>t ein Priester zu!»<br />

«Halt den Rand, Castelblanc!», schrie Jean.<br />

«Ich heiße Bèufort!»<br />

Loís stand unter dem Galgen, betrachtete mit einem seltsamen,<br />

erschöpften Blick aus seinem einen offenen Auge die Schlinge,<br />

die vor seinem Gesicht baumelte und einen schlanken Schatten<br />

ins Gras warf. Dann wandte dieses Auge sich Fabiou zu. Sein verschwollenes<br />

Gesicht verzog sich zu etwas, was wohl ein Lächeln<br />

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