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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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«Bardou, zu Mèstre Adréu», befahl die Dame Castelblanc. Mèstre<br />

Adréu war der Schneider der Aubans.<br />

«Dann werde ich halt Ritter und ziehe in den Krieg», spann Frederi<br />

Jùli seinen Gedankengang weiter.<br />

«Ich will nicht zum Schneider. Ich kriege ja sowieso kein Kleid!»,<br />

nörgelte Catarino.<br />

«Ich will auch nicht zum Schneider. Können wir nicht an der<br />

Plaço dis Erbo aussteigen und ein bisschen den Markt anschauen?»,<br />

fragte Fabiou. «Loís könnte doch mit uns kommen, zu unserem<br />

Schutz», fügte er rasch hinzu, bevor seine Mutter ein Geschrei über<br />

die Unsicherheit der Märkte anstimmen konnte – heutzutage!<br />

«Also gut», seufzte die Mutter. «Ich hole euch nachher ab – wo<br />

soll ich euch abholen?»<br />

«An der Tourre dou Grand Relògi», schlug Fabiou vor.<br />

«Gut, von mir aus.»<br />

<strong>Die</strong> Plaço dis Erbo war ein Gewühl von Marktständen und<br />

Menschen, als die vier Geschwister und ihr <strong>Die</strong>ner dort ausstiegen.<br />

<strong>Die</strong> Kutsche rumpelte weiter, Hühner und schmutzige kleine<br />

<strong>Kinder</strong> beiseite scheuchend. Auf Fabious Gesicht war ein glückseliges<br />

Strahlen getreten. Das war Leben, Leben, wie es brodelt und<br />

schäumt, der pochende Herzschlag der Stadt. Bauern, die in abgetragenem,<br />

schmutzverklebtem Wams die ersten Früchte <strong>des</strong> Jahres<br />

den Städtern zum Verkauf anboten, Marktweiber, die hinter ihren<br />

Ständen ihre Ware anpriesen, Händler, in deren Auslage man<br />

vom Zahnstocher bis zur Öllampe so gut wie alles kaufen konnte,<br />

schmutzige <strong>Kinder</strong>, die zwischen den Ständen Fangen spielten,<br />

magere Hunde auf der Suche nach etwas Essbarem, das von den<br />

Auslagetischen fiel, Studenten in ihren langen dunklen Umhängen,<br />

manche kaum älter als Fabiou, die herumblödelten oder auf<br />

dem Brunnenrand sitzend ihr Mittagessen verzehrten. Ein Spielmann<br />

saß im Schatten <strong>des</strong> Brunnens, zupfte an einer Gambe und<br />

sang dazu ebenso laut wie falsch eine Sonette von Ronsard, ein<br />

altes Weib, gekleidet wie eine Zigeunerin, mit großen Ringen in<br />

den Ohren und einem bunten Tuch über dem Haar, streckte den<br />

Passanten eine knochige Hand entgegen und verkündete mit zahnlosem<br />

Mund, dass die Zukunft in den Karten lag, ein Bettler mit<br />

nur einem Arm bat wimmernd um Almosen. Frederi Jùli stürzte<br />

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