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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Einen Augenblick lang stand der Fremde so, die Augen in die<br />

Nachtgebohrt, die Nase erhoben wie ein Wolf, der eine Witterung<br />

aufnimmt. Dann bewegte er sich. Es waren keine Schritte, wie Fabiou<br />

sie kannte, Schritte, die ein Geräusch auf dem Pflaster machen,<br />

Spuren in weichem Boden hinterlassen konnten. Es waren Schritte,<br />

die über das Pflaster zu schweben schienen, lautlos und blitzschnell<br />

wie Katzenpfoten. Fabiou presste sich an die Wand, wagte nicht zu<br />

atmen, wagte nicht zu blinzeln aus Angst, das Geräusch könnte<br />

ihn verraten, verzweifelt hoffend, dass der Lärm seines rasenden<br />

Herzschlags nicht bis an das Ohr <strong>des</strong> Fremden dringen würde, und<br />

dieser flog an ihm vorbei, die hohe Stirn, die breite Nase hell gegen<br />

die Düsternis, und vorüber war er, und sein Schatten tauchte ein in<br />

die trügerischen Schemen der Nacht.<br />

Es fehlte nicht viel, und Fabious Knie hätten nachgegeben vor<br />

Erleichterung. Zitternd lehnte er an der Hauswand, versuchte, das<br />

Beben seiner Lippen und das Keuchen seines Atems in Griff zu<br />

kriegen. Still war es in den Straßen von Ais, als wäre nicht soeben<br />

ein todbringen<strong>des</strong> Raubtier über ihr Pflaster geschossen, still und<br />

friedlich wie im Kreuzgang eines Klosters.<br />

Viertel zwölf schlugen die Glocken von Sant Sauvaire.<br />

Fabiou trat auf die Straße hinaus, wie man im Kanon endonner<br />

auf ein Schlachtfeld hinaustritt: fest überzeugt, jeden Moment von<br />

einem schrecklichen Tod ereilt zu werden. Er zweifelte nicht einen<br />

Moment, daß der Fremde mit dem kahlen Kopf ihm augenblicklich<br />

die Kehle durchschneiden würde wie dem armen Senher Bossard,<br />

fallser ihn entdecken würde.<br />

Wer ist er? Nicoulaus Sohn?<br />

Er trat auf das Haus gegenüber zu. Sein Atem keuchte wie nach<br />

einem Dauerlauf, als er die Schwelle erreichte. Ein eichenes Portal,<br />

daneben ein blitzen<strong>des</strong> Messingschild. Gastou Austelié, Notar, verrietdie<br />

Gravur.<br />

<strong>Die</strong> Tür stand einen Spalt breit offen.<br />

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Fabiou jeden für verrückt erklärt,<br />

der das getan hätte, was er nun tat, und schon eine Stunde<br />

später konnte er sich sein Verhalten nur noch mit einem Anflug<br />

geistiger Umnachtung erklären. Er drückte die Tür vollends auf<br />

und tratein.<br />

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