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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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züchtigen Augenaufschlag, dass Frederis Gesicht noch um einiges<br />

finsterer wurde. «Ach, Frederi, was du immer gleich denkst –gegen<br />

ein wenig Courtoisie ist doch nichts zu sagen, sonst denken<br />

die Herren noch, den Mädchen läge nichts an ihnen», säuselte die<br />

Dame Castelblanc.<br />

«Ich habe nichts gegen Courtoisie», grummelte Frederi, «bis auf<br />

die Art, die einem neun Monate später eine Taufe beschert.»<br />

«Hört nicht auf den alten Moralpriester», zischelte Oma Felicitas<br />

den Mädchen ins Ohr. «Man muss sich amüsi eren, solan ge man<br />

noch alle Zähne hat.» Und mit einem kopfschüttelnden Blick auf<br />

Cristinos Schuhe fügte sie hinzu: «Mädchen, hast du nicht auch<br />

das Gefühl, dass diese Schuhe ein wenig zu klein für dich sind?»<br />

Der Sonntagmorgen empfing Ais mit einem strahlend blauen<br />

Himmel. Cristino und Catarino zappelten die ganze Messe hindurch<br />

ungeduldig auf ihren Stühlen herum, und als der Priester<br />

endlich ein Einsehen hatte und seinen Segen sprach, waren sie<br />

schneller auf den Beinen, als Frederi «Amen» sagen konnte.<br />

Daheim stürzten sie sich Hals über Kopf in die letzten Vorbereitungen.<br />

Vor dem Spiegel sitzend ließen sie sich von den <strong>Die</strong>nerinnen<br />

Puder ins Gesicht pinseln, bis auch der letzte Pickel unter<br />

einer glücklichen Schicht aus makellosem Weiß verschwunden<br />

war, trugen Rouge auf Lippen und Wangen auf, ließen sich die Augenbrauen<br />

kämmen und die Haare frisieren und feilten an ihren<br />

Fingernägeln. Catarino geriet in einen Zustand großer Gemütserregung,<br />

als sich ihr die Überlegung aufdrängte, ob das Kleid in rosé<br />

wohl doch besser zu den neuen Schuhen passte als das in blau, mit<br />

dem dramatischen Nachteil, dass die Lapislazuli-Ohrringe perfekt<br />

zu dem blauen Kleid gepasst hätten. Nach fünfmaligem Umziehen<br />

blau-rosé und rosé-blau war die <strong>Die</strong>nerin einem Weinkrampf<br />

nahe und Frederi brüllte, wenn du nicht in zehn Minuten fix und<br />

fertig bei der Kutsche bist, fahren wir ohne dich, woraufhin sich<br />

Catarino heulend in ihrem Zimmer einschloss und schwor, nie<br />

wieder herauszukommen. Cristino stand in einem cremefarbenen<br />

Kleid mit rotem Aufsatz vor dem Spiegel, starrte mit verklärtem<br />

Gesicht auf ihre silbernen Schuhe und versuchte den sich ankündigenden<br />

Schmerz in ihren Zehen zu ignorieren. «Zieh dir vernünftige<br />

Schuhe an, Kind», sagte Oma Felicitas, deren Blick noch<br />

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