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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Es gibt keinen Grund für Hass und für Vorwürfe. Mutter hatte<br />

leben wollen, das war kein Verbrechen. Und was Frederi betraf,<br />

so war der Grund für sein Handeln der menschlichste und edelste<br />

überhaupt gewesen.<br />

<strong>Die</strong> Liebe.<br />

Der Priester von Oppède erzählte mir einmal, als ich vor Jahren<br />

Mutters Grab besuchte, wenige Wochen nach ihrer Beerdigung<br />

haben zwei fremde Herren die Kirchstatt besucht. Der eine, ein<br />

hellhaariger junger Herr im Gewand eines Gelehrten, trat durch<br />

das eiserne Tor ins Innere <strong>des</strong> Kirchhofs, während sein ebenso gekleideter,<br />

aber dunkelhaariger und kräftiger Begleiter bei den Pferden<br />

vor der Umzäunung blieb. Der junge Herr schritt geradewegs<br />

auf die Grabstätte der Castelblancs zu, wo der Steinmetz nun einen<br />

weiteren Namen in den Stein der Familie eingemeißelt hatte. Dort<br />

kniete er nieder und betete eine lange Zeit. Der Priester, der den<br />

jungen Herrn noch nie in der Gegend gesehen hatte, wurde von<br />

Neugierde ergriffen, und als der Fremde sich schließlich erhob, um<br />

zum Ausgang zurückzukehren, trat er rasch näher. Seid mir gegrüßt,<br />

mein Herr, sprach er ihn an, ihr seid nicht von hier, wie es<br />

scheint?<br />

Der Fremde war stehengeblieben und betrachtete den Priester<br />

aus ernsten Augen. Allerdings nicht, antwortete er in fließendem<br />

Provenzalisch, wir kommen von weit her.<br />

Ihr seid Franzosen, nicht wahr?, mutmaßte der Priester. Aus welcher<br />

Stadt kommt ihr?<br />

Der Fremde zögerte einen Moment, dann sagte er: Paris.<br />

Paris! Das ist wahrhaft eine weite Reise, zumal in diesen gefährlichen<br />

Zeiten … Ihr seid ein Gelehrter, habe ich recht, Senher?<br />

Großer Gott – der Fremde schmunzelte –, wie habt Ihr das nur<br />

erraten, Patre?<br />

Oh, Euer Gewand … Der Priester lächelte geschmeichelt. Ich erkenne<br />

die Kleidung eines Docteurs, wenn ich sie sehe, sagte er. Ich<br />

war schließlich nicht immer Priester in diesem Städtchen … Früher<br />

gehörte ich dem Benediktinerorden in Marsilho an…<br />

Sein Blick wanderte zurück zu dem frisch aufgeworfenen Grab.<br />

Ihr kanntet die Dame Castelblanc wohl, meinte er.<br />

Ja, sagte der Fremde, ein wenig.<br />

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