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Die Kinder des - Verlag Josef Knecht

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Onkel Philomenus räusperte sich. «Vielleicht sollten wir jetzt<br />

allmählich aufhören mit diesen Schaudergeschichten – vor den<br />

<strong>Kinder</strong>n …»<br />

«Also, mir macht das nichts aus», meinte Frederi Jùli<br />

treuherzig.<br />

«Nun ja», seufzte die Großmutter, «nun ruhen sie nebeneinander,<br />

wie es sich für echte Freunde gehört.»<br />

«Wir sollten gehen», sagte Madaleno de Castelblanc hastig. «Es<br />

wird allmählich kalt. Kommt, <strong>Kinder</strong>.» Und sie lief l os. Onkel Philomenus<br />

und Tante Eusebia folgten, letztere nach Theodosius rufend,<br />

der zwischen den Gräbern verschwunden war. <strong>Die</strong> Großmutter<br />

seufzte noch einmal tief, dann humpelte sie hinterher. Frederi<br />

blieb stehen, einen kurzen Moment lang, den Blick auf die stummen<br />

Gräber gerichtet, dann berührte er den Grabstein, auf dem<br />

Cristou Kermanach de Bèufort stand, mit der rechten Hand, wandte<br />

sich ab und ging.<br />

<strong>Die</strong> vierjungen Leute strebten als letzte dem Ausgang zu. Dämmerung<br />

senkte sich über die Gräber, irgendwo rief Tante Eusebia<br />

noch immer nach Theodosius, und sie erheiterten sich mit der<br />

Vorstellung, dass er soeben vom Geist eines Toten in ein finsteres<br />

Grab hinabgezogen wurde. Zur Rechten wankte eine Edeldame in<br />

schwarz durch die Reihen der Gräber, den Kopf gesenkt, das Gesicht<br />

grau und kränkelnd im blassen Dämmerlicht <strong>des</strong> Abends. Eine <strong>Die</strong>nerin<br />

folgte ihr im respektvollen Abstand von zwei Schritten.<br />

Was war es, das Cristino dazu brachte, sich noch einmal<br />

umzudrehen?<br />

Im ersten Moment dachte sie, dass sie schwebte. Sie musste mehrmals<br />

blinzeln, um den Eindruck zu vertreiben, dass diese schwarz<br />

verhüllte Gestalt nicht ihre Füße benutzte, um sich zwischen den<br />

Gräbern fortzubewegen, sondern dass sie dahinglitt wie ein Boot<br />

über den Wassern, vorbei an sacht im Wind schaukelnden Zedern,<br />

vorbei an Steinkreuzen, von denen herab der gekreuzigte Christus<br />

ihr sanft sein dornengekröntes Haupt zuneigte. Dann erreichte<br />

sie ihr Ziel, die Gräber der Valoun, die Gräber der Aubans, und<br />

dort sank sie in sich zusammen wie eine Fahne, wenn der Wind<br />

abflaut, und lag auf den Knien, die gefalteten Hände vor die Brust<br />

gepresst.<br />

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