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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

nehmung des Gerhard Schenk, der zum damaligen Zeitpunkt eine mehrjährige<br />

Haftstrafe verbüßte, durchgeführt worden. Schenk hat in dieser Vernehmung<br />

entgegen seiner zuvor bek<strong>und</strong>eten Aussagebereitschaft keinerlei Angaben gemacht.<br />

Daher war die Frage nach der Glaubhaftigkeit seiner Angaben nur aufgr<strong>und</strong><br />

der Protokollniederschriften zu seinen früheren Vernehmungen im Zusammenspiel<br />

mit dem Ergebnis der übrigen Ermittlungen sowie aufgr<strong>und</strong> einer<br />

Gesamtbeurteilung seiner Person zu beantworten.<br />

Dabei war festzustellen, dass die Behauptung Schenks, der Raubüberfall sei<br />

mit dem Tatopfer Schmider verabredet gewesen, gr<strong>und</strong>sätzlich natürlich eine<br />

denkbare Tatvariante eröffnet hat. Allerdings war, wie bereits ausgeführt, zu<br />

beachten, dass es für ihn ein Leichtes gewesen wäre, eine Abrede mit dem<br />

Tatopfer zu seiner Entlastung zu erfinden. Gerade für seine Person musste dies<br />

besonders gelten, denn er hatte, nachdem er im Jahr 1990 bereits in Tatverdacht<br />

geraten <strong>und</strong> gegen ihn Anklage erhoben worden war, über seinen Verteidiger<br />

Einsicht in die gesamte Ermittlungsakte. Mithin war ihm aufgr<strong>und</strong> seiner<br />

Aktenkenntnisse bekannt, dass durch die gesamte Ermittlungsakte hindurch sozusagen<br />

wie ein roter Faden sich der latente Verdacht gegen Schmider, er<br />

könnte den Raub „bestellt“ haben, gezogen hat. Es konnte mithin nicht <strong>von</strong><br />

vornherein ausgeschlossen werden, dass Schenk einfach einen für ihn nach<br />

dem Aktenstudium gegebenen äußeren Anstoß aufgegriffen <strong>und</strong> dieses Detail<br />

zu der tatsächlichen Raubbegehung hinzuerf<strong>und</strong>en hat.<br />

Darüber hinaus war die besondere Lebenssituation des Schenk <strong>und</strong> seine offensichtliche<br />

Motivation für seine Angaben im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen.<br />

Schenk verbüßte, wie bereits erwähnt, eine langjährige Haftstrafe,<br />

<strong>und</strong> zwar in der Justizvollzugsanstalt Diez an der Lahn. Er hatte während des<br />

Strafvollzugs im Jahre 1994 erneut geheiratet; seine Ehefrau war im Großraum<br />

Hamburg ansässig. Er strebte deshalb, um in räumliche Nähe zu seiner<br />

Ehefrau zu gelangen, eine Verlegung in den Strafvollzug nach Hamburg an.<br />

Darüber hinaus versprach sich Schenk, wie er ausdrücklich bestätigte, im<br />

Strafvollzug in Hamburg stärkere Lockerungen <strong>und</strong> die alsbaldige Gewährung<br />

<strong>von</strong> Freigang. Deshalb hat er seine ursprünglichen Angaben zum vorliegenden<br />

Fall in seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern vom<br />

11. Mai 1995 unter die Bedingung einer Verlegung nach Hamburg gestellt. Offenbar<br />

hat er sich erhofft, diese Bedingung werde, wenn er nur erst einmal mit<br />

seinen Angaben in Vorlage getreten sei; eingehalten. Nachdem aber eine Zusage<br />

in dieser Richtung nie erfolgt ist <strong>und</strong> Schenk erkannt hatte, dass eine Verlegung<br />

auch nicht veranlasst werden würde, hat er rigoros seine weitere Kooperation<br />

mit den Ermittlungsbehörden verweigert <strong>und</strong> seine bisherigen Angaben<br />

im vorliegenden Verfahren inhaltlich widerrufen, das heisst mithin auch<br />

ihren Wahrheitsgehalt selbst in Frage gestellt.<br />

Bei dieser Sachlage konnte <strong>von</strong> einer Wahrscheinlichkeit der Verurteilung des<br />

Beschuldigten Schmider im Falle einer Anklageerhebung nicht ausgegangen<br />

werden, weshalb das Ermittlungsverfahren gegen ihn mit Entschließung vom<br />

15. Mai 1996 gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels eines hinreichenden Tatverdachts<br />

eingestellt wurde.<br />

Gegen Schöntag ist am 22. August 1996 wegen seiner Mittäterschaft an dem<br />

schweren Raub vom 12. Mai 1986 Anklage zum Amtsgericht – Schöffengericht<br />

– Karlsruhe (II Ls 30/96) erhoben worden. In jenem Strafverfahren<br />

konnte letztlich nicht aufgeklärt werden, ob Schmider an der Tat beteiligt<br />

war. Im Rahmen seiner Einlassung als Angeklagter hat Schöntag in der<br />

Hauptverhandlung vorn 6. Dezember 1996 seine Behauptung, die Tat sei <strong>von</strong><br />

ihm <strong>und</strong> seinem Tatgenossen Schenk entsprechend einer vorab getroffenen<br />

Absprache mit Schmider ausgeführt worden, wiederholt . Demgegenüber hat<br />

Schmider, in der Hauptverhandlung als Zeuge gehört, eine Beteiligung an der<br />

Tat bestritten. Zwar hat Schöntags Behauptung im Urteil des Schöffengerichts<br />

vom 6. Dezember 1996 letztendlich zu seinen Gunsten Berücksichtigung gef<strong>und</strong>en.<br />

Dies jedoch nicht etwa als bewiesene Tatsache, sondern als ein nicht<br />

zu widerlegender <strong>und</strong> damit nach dem Gr<strong>und</strong>satz in dubio pro reo zu unterstellender<br />

Umstand.<br />

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