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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

778<br />

II. Bewertung des Untersuchungsgegenstandes A. I. 2., 3., 4.: „Scheingeschäfte<br />

in den Jahren 1988 bis 1992“<br />

Im Verlauf der (ersten) Betriebsprüfungen betreffend die Jahre 1988 bis 1990 bei<br />

der FlowTex-Gruppe des Manfred Schmider <strong>und</strong> der Powerdrill-Gruppe des<br />

Matthias Schmider deckten die Betriebsprüfer der Finanzämter KA-Stadt <strong>und</strong> Rastatt<br />

Scheingeschäfte über angebliche Lieferungen <strong>von</strong> Baumaterialien <strong>und</strong> Tex-<br />

Cote-Produkten zwischen <strong>von</strong> Manfred <strong>und</strong> Matthias Schmider beherrschten Unternehmen<br />

(Manfred Schmider: KSK GmbH, FiberTexCote GmbH & Co KG;<br />

Matthias Schmider: FiberTex Fassadenbeschichtungen GmbH, FiberTex Import<br />

Export GmbH, FiberTex Internationale Vertriebs GmbH) auf. Die Gesellschaften<br />

stellten sich gegenseitig Rechnungen über Lieferungen <strong>von</strong> Waren mit gesondertem<br />

Umsatzsteuerausweis (insgesamt Umsätze in Höhe <strong>von</strong> 247 Mio. DM), wobei<br />

sich die verantwortlichen Geschäftsführer einig waren, die in den Rechnungen<br />

aufgeführten Warenlieferungen nicht zu erbringen, sie aber als steuerpflichtige<br />

Umsätze gegenüber dem Finanzamt zu erklären, die fällige USt abzuführen<br />

(= Rechnungsaussteller) <strong>und</strong> dazu korrespondierend die Vorsteuer beim zuständigen<br />

Finanzamt geltend zu machen (= Rechnungsempfänger).<br />

1. Würdigung des strafrechtlichen Abschlusses der Verfahren gegen Manfred<br />

<strong>und</strong> Matthias Schmider<br />

a) Fallbearbeitung durch die Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle beim Finanzamt<br />

Karlsruhe-Durlach<br />

Die zwischen Firmen des Manfred <strong>und</strong> Matthias Schmider vorgetäuschten Umsätze<br />

in Höhe <strong>von</strong> 247 Mio. DM anhand <strong>von</strong> Scheinrechnungen führten zu einem<br />

Steuerstrafverfahren, das zunächst <strong>von</strong> der Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle (Strabu)<br />

beim FA KA-Durlach bearbeitet wurde. Bekannt wurde der Strabu der Fall erst<br />

Anfang September 1993, obwohl die Betriebsprüfung bereits im April 1992 erstmalig<br />

die OFD über die Scheinrechnungen unterrichtete. Erklärt wurde die späte<br />

Einschaltung der Strabu <strong>von</strong> LRD a. D. Pagendarm, der 1992/1993 als Gruppenleiter<br />

in der OFD KA für die Bereiche BP <strong>und</strong> Strabu/Steufa zuständig war, mit der<br />

allgemeinen, gebilligten „Tendenz [...] im Rahmen einer Betriebsprüfung diese<br />

strafrechtlichen Seiten möglichst rauszuhalten“ (vgl. Apr. 17. Sitzung S. 21). Diese<br />

Ansicht steht im Widerspruch zur damaligen Weisungslage gem. § 9 Betriebsprüfungsordnung<br />

(BPO v. 17. Dezember 1987), wonach beim Verdacht einer Steuerstraftat<br />

die Strabu „unverzüglich“ zu unterrichten ist, damit ein Verwertungsverbot<br />

infolge verspäteter Einleitung <strong>und</strong> Bekanntgabe eines Strafverfahrens verhindert<br />

werden kann. Offenbar keine Billigung soll diese Verfahrensweise durch das Finanzministerium<br />

gef<strong>und</strong>en haben, das nach Aussage <strong>von</strong> LRD a. D. Pagendarm in<br />

Besprechungen einzelfallbezogen die verspätete Einleitung eines Strafverfahrens<br />

bemängelt habe (vgl. LRD a. D. Pagendarm, Apr. 17. Sitzung S. 22). Anzumerken<br />

ist allerdings zum einen, dass die BP anfänglich Rechtsprobleme darin sah, den<br />

subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung angesichts des betroffenen § 14 III<br />

UStG bejahen zu können, zum anderen, dass das Verfahren letztlich auf Veranlassung<br />

der OFD KA dann an die Strabu abgegeben wurde mit der Folge der Einleitung<br />

eines Steuerstrafverfahrens (vgl. OAR Kiefer, Apr. 14. UA-Sitzung S. 52, 53),<br />

sodass der Verstoß gegen § 9 BPO somit im Ergebnis folgenlos war, insbesondere<br />

nicht zu einem Verwertungsverbot führte.<br />

Zu Recht ging die Strabu bei Manfred <strong>und</strong> Matthias Schmider <strong>von</strong> vollendeten<br />

Steuerhinterziehungen gem. § 370 AO aus, obwohl die in den gestellten Rechnungen<br />

ausgewiesene <strong>und</strong> gem. § 14 III UStG – trotz fehlender Warenlieferung – geschuldete<br />

Umsatzsteuer in voller Höhe abgeführt wurde. Den Beschuldigten war<br />

die Abgabe zu niedriger USt-Anmeldungen gem. § 168 AO i. V. m. § 18 UStG<br />

vorzuwerfen, da zu Unrecht der Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG in Höhe <strong>von</strong> jeweils<br />

17 Mio. DM aus den erhaltenen Rechungen geltend gemacht wurde (vgl.<br />

BGH, NJW 02, 3036 ff., 3037 zur Strafbarkeit des Vorsteuerabzugs aus Scheinrechnungen).<br />

Nicht anzuzweifeln war auch das Vorliegen eines direkten Vorsatzes (jedenfalls<br />

im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts) bei den Beschuldigten Kaufleuten<br />

Schmider, auch wenn anfangs dazu die Einschätzungen der Betriebsprüfung (vgl.

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