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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

gangen seien. Um kein Aufsehen zu erregen, habe man Manfred Schmider schon<br />

vor der Gaststätte die Handschellen abgenommen, da Manfred Schmider, in<br />

Handschellen durch das Lokal geführt, auffällig gewesen wäre. Man habe dann<br />

einen kleinen Nebenraum aufgesucht, wo man ungestört gewesen sei. [...] Herr<br />

Hildebrand erklärte weiter, RA Ziegler habe die Zeche für alle Beteiligten bezahlt<br />

[...] Am 16. Oktober 2000 sprach ich [...] mit Herrn RA Ziegler [...]. Er [...] bestätigte,<br />

dass er den Vorschlag der Ausführung Schmiders in ein Lokal gemacht<br />

habe, die Handfesseln während des Durchschreitens des Lokals abgenommen waren<br />

<strong>und</strong> er später auch die Zeche bezahlt habe. Er habe sich nichts dabei gedacht,<br />

insbesondere habe er keinesfalls den Beamten irgendwelche Vorteile gewähren<br />

wollen. Er habe das Mittagessen in einem Lokal, wobei für entsprechende Diskretion<br />

im Nebenraum gesorgt gewesen sei, als menschliche Geste verstanden. Er habe<br />

aus atmosphärischen Gründen nicht nur Manfred Schmider das Essen bezahlt, sondern<br />

auch die Polizeibeamten eingeladen“ (vgl. Bd. 1 Cs 201 Js 12386/00 Bl. 3 ff.).<br />

Das Auftreten des Manfred Schmider während des Gaststättenbesuchs am 4. August<br />

2000 lässt sich einem Vermerk der LPD KA vom 21. Februar 2001 über die<br />

Vernehmung der Eheleute Friedmann, Inhaber des Schwarzwälder Hofs, entnehmen:<br />

„... Herr Schmider habe mit einer großen ‚Davidoff‘ Zigarre im M<strong>und</strong><br />

den Gastraum betreten. In seiner Begleitung waren drei weitere Personen. [...]<br />

Auf den Konsum der einzelnen Speisen <strong>und</strong> Getränke angesprochen, gab Frau<br />

Friedmann nach Einblick in den Kassenzettel an, dass Schmider der einzige gewesen<br />

sei, welcher Alkohol getrunken hätte. Insgesamt hätte dieser zwei Viertel<br />

Wein getrunken, wobei dieser das erste Glas gerade zu ‚in sich hinein schüttete‘.<br />

Ferner erinnerte sie sich daran, dass Schmider mit Sicherheit die aufgeführte<br />

Gänseleber als auch das Rinderfilet verzehrte. Auch meint sie zu wissen, dass<br />

Schmider eine Kartoffelsuppe zu sich nahm. Zu dem Verzehr der Begleiter konnte<br />

Frau Friedmann nur angeben, dass sie sicher sei, dass diese keinen Alkohol zu<br />

sich nahmen <strong>und</strong> zumindest einer der Polizeibeamten das Reh-Geschnetzelte bestellt<br />

hatte. [...] Zum Schluss gab Herr Friedmann an, (...) Schmider hätte in der<br />

gleichen arroganten Art <strong>und</strong> Weise, wie er das Lokal betreten, dieses auch wieder<br />

mit einer großen Zigarre im M<strong>und</strong> verlassen. Frau Friedmann berichtete weiter,<br />

dass die Rechnung in Höhe <strong>von</strong> 202,90 DM <strong>von</strong> der vierten Person bar bezahlt<br />

wurde. Auf die Frage, ob Schmider beim Betreten oder Verlassen des Lokals gefesselt<br />

war, äußerte das Ehepaar Friedmann übereinstimmend, dass dies nicht der<br />

Fall gewesen wäre. Beide beteuerten, dass Schmider jedoch zu keinem Zeitpunkt<br />

die Möglichkeit gehabt hätte, zu flüchten. Die Sitzordnung im Nebenraum sei entsprechend<br />

ausgewählt worden. Beim Gang auf die Toilette sei Schmider streng<br />

bewacht worden“ (vgl. Bd. 1 Cs 201 Js 12386/00 Bl. 73 ff.).<br />

Nachdem am 20. Oktober 2000 durch Mitteilung eines Zeugen gegenüber StA<br />

(GL) Dr. Hofmann, Manfred Schmider sei in einer Gaststätte in Achern gesehen<br />

worden, die Art <strong>und</strong> Weise der Ausführung des Untersuchungsgefangenen bekannt<br />

wurde, ist am 20. November 2000 gegen die Polizeibeamten <strong>und</strong> RA Ziegler<br />

<strong>von</strong> der zuständigen StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> (Dezernentin StA’in Mendler) ein Ermittlungsverfahren<br />

wegen Vorteilsannahme gem. § 331 StGB bzw. Vorteilsgewährung<br />

gem. § 333 StGB eingeleitet worden (vgl. Bd. 1 Cs 201 Js 12386/00<br />

Bl. 9, 11). Das Verfahren gegen alle Beschuldigten wurde gem. § 153 a StPO eingestellt,<br />

nachdem am 25. Februar 2002 das LG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> im Beschwerdeverfahren<br />

das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts der Vorteilsannahme bzw.<br />

-gewährung bejahte <strong>und</strong> eine Einstellung des Verfahrens gem. § 153 a StPO anregte<br />

(vgl. Bd. 1 Cs 201 Js 12386/00 Bl. 561 ff.). Zuvor hatte das AG Achern den<br />

<strong>von</strong> der StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> beantragten Erlass eines Strafbefehls mangels Tatverdachts<br />

aber abgelehnt (vgl. den Beschluss des AG Achern v. 1. Oktober 2001 in<br />

Bd. 1 Cs 201 Js 12386/00 Bl. 333).<br />

In dem Beschluss des LG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> v. 25. Februar 2002 wurde in klarer <strong>und</strong><br />

zutreffender Weise die Art der Ausführung des Untersuchungsgefangenen am<br />

4. August 2000 rechtlich gewürdigt. Das LG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> führte in den Gründen<br />

u. a. aus, dass die unterbliebene Fesselung (§ 119 V Nr. 2 StPO) während des Mittagessens<br />

keine Dienstpflichtverletzung der Polizeibeamten im Rahmen der sog.<br />

Ausantwortung gem. Nr. 41 UVollzO (§ 24 V UVollzG im Entwurf) aufgr<strong>und</strong><br />

Vollzugshilfe gem. § 60 IV PolG (§ 7 VwVfG BW) darstellte, zumal es keine Anordnung<br />

zur Fesselung durch StA Dr. Hofmann, dem die Entscheidungen über die<br />

Ausantwortung vom Gericht übertragen worden waren, gab. Weiterhin stellte das<br />

LG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> fest: „Auch im Hinblick auf den Restaurantbesuch als solchem<br />

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