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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

dern um das Ergebnis einer gemeinsamen Besprechung mit dem Behördenleiter<br />

gehandelt. Wer das Verhältnis vom Generalstaatsanwalt zu Behördenleitern allgemein<br />

kenne, wisse, wie dann das Ergebnis einer solchen Besprechung aussehe,<br />

wenn der Generalstaatsanwalt eine Meinung äußere. Da brauche er keine Weisung<br />

zu erteilen.<br />

Er habe dann am nächsten Tag, am 21. Dezember 2001, mit dem sachbearbeitenden<br />

Staatsanwalt gesprochen, der ihm erklärt habe, er dürfe keinerlei Gespräche<br />

mit der Strafkammer führen. Deshalb habe er Herrn Generalstaatsanwalt Hertweck<br />

nochmals angerufen <strong>und</strong> zur Frage des § 154 StPO in Einzelpunkten um<br />

eine gr<strong>und</strong>sätzliche Stellungnahme gebeten.<br />

Auf die Frage, warum aus seiner Sicht der Generalstaatsanwalt diese Zustimmung<br />

nicht habe geben wollen, antwortete der Zeuge, das seien alles Vermutungen.<br />

Eine Vermutung wäre zum Beispiel, dass das Verfahren sehr öffentlichkeitswirksam<br />

gewesen sei <strong>und</strong> sich niemand in die Gefahr habe begeben wollen, den Eindruck<br />

zu erwecken, hier würde jemand begünstigt werden.<br />

Auf Vorhalt, dass das Justizministerium die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft<br />

Karlsruhe zur Frage der Einstellung gemäß § 154 StPO geteilt habe <strong>und</strong> man<br />

dort, wie sich aus einem Vermerk vom 19. Dezember 2001 ergebe, einen Antrag<br />

auf Einstellung gemäß § 154 StPO bezüglich bestimmter noch nicht abgeschlossener<br />

Verfahren zu diesem Zeitpunkt für verfrüht gehalten habe, erklärte der Zeuge, er<br />

habe im zweiten Verfahren überhaupt nichts mit dem Justizministerium zu tun gehabt.<br />

Dass das Ministerium im zweiten Verfahren irgendwie tangiert gewesen sei,<br />

sei der Kammer nicht bekannt gewesen. Es habe auch kein Anlass bestanden, denn<br />

nachdem Herr Hertweck gesagt gehabt habe, er habe keine Weisung gegeben, sei<br />

da<strong>von</strong> auszugehen gewesen, dass er keine Weisung erhalten habe.<br />

Auf die Frage, warum Manfred Schmider bei seiner Aussage in der Hauptverhandlung<br />

im Jahr 2001 im Gegensatz zu seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft<br />

im Jahr 2000 nicht mehr <strong>von</strong> Mitwisserschaft <strong>und</strong> Mittäterschaft durch<br />

Behördenvertreter des Landes gesprochen habe, führte der Zeuge aus, es sei so,<br />

dass jeder Angeklagte versuche, seine Tat in einem möglichst günstigen Licht<br />

darzustellen. Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung der Beschuldigten<br />

Kleiser <strong>und</strong> Schmider sei dann gefallen, dass man es Ihnen seitens der Finanzverwaltung<br />

sehr leicht gemacht habe.<br />

In der Vorbesprechung mit den Verteidigern <strong>und</strong> der Staatsanwaltschaft habe die<br />

Kammer diese Frage des Mitverschuldens zur Sprache gebracht. Nach seiner Erinnerung<br />

habe er damals gesagt, dass die Strafkammer nach herrschender Rechtsprechung<br />

des B<strong>und</strong>esgerichtshofs das Einbeziehen bis dahin Unbeteiligter in<br />

eine Straftat strafschärfend berücksichtigen müsse. Inwieweit dann die Verteidiger<br />

daraus Konsequenzen gezogen haben, wisse er nicht. Er wisse aber, dass wenigstens<br />

in der Hauptverhandlung Herr Schmider seine Aussage berichtigt bzw.<br />

stark relativiert habe. Wie es dazu gekommen sei, habe dem Untersuchungsausschuss<br />

sicher der Herr Schiller, der damalige Verteidiger <strong>von</strong> Herrn Schmider, gesagt.<br />

Die Strafkammer habe keinerlei Interesse daran gehabt <strong>und</strong> keine Notwendigkeit<br />

gesehen, diesen Komplex in die Hauptverhandlung einzubeziehen. Dieser<br />

hätte die Hauptverhandlung erweitert <strong>und</strong> verschleppt. Er sei deshalb in der Presse<br />

kritisiert worden, aber er habe das Verfahren in entsprechender Zeit durchgeführt<br />

<strong>und</strong> sie seien zu einem Ergebnis gekommen, was letzten Endes – <strong>von</strong> unwesentlichen<br />

Abweichungen abgesehen – auch Bestand gehabt habe. Die Frage, ob<br />

eine Belastung der Finanzbehörden nur dann strafschärfend zu berücksichtigen<br />

sei, wenn sie zu Unrecht erfolge, verneinte der Zeuge.<br />

Auf die Frage, ob sich der Umstand, dass die Taten schon vier Jahre zuvor hätten<br />

gestoppt werden können, nicht strafmildernd auswirke, antwortete der Zeuge, das<br />

Versagen der Strafverfolgungsbehörden sei kein Strafmilderungsgr<strong>und</strong>. Das Argument<br />

„Ihr seid dran schuld, dass ich die Straftaten begangen habe“, gelte nicht,<br />

es werde die Schuld des Täters bewertet. Wenn der Strafkammer die Akte der<br />

Staatsanwaltschaft <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> betreffend die Scheingeschäfte der Brüder<br />

Schmider bereits in dem Verfahren gegen Manfred Schmider u. a. vorgelegen hätte,<br />

dann hätte sich für die Kammer ernstlich die Frage der Sicherungsverwahrung<br />

gestellt.<br />

Auf Vorhalt der am 27. September 2001 in der Hauptverhandlung verlesenen<br />

schriftlichen Einlassung <strong>von</strong> Herrn Manfred Schmider im Auszug<br />

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