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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

„In der Regel, wenn wir ein Strafverfahren eingestellt haben nach § 153 a,<br />

dann haben wir das nie über die Staatsanwaltschaft laufen lassen, sondern wir<br />

haben das immer direkt zum Amtsgericht geschickt, mit der Bitte um Zustimmung<br />

zur Verfahrenseinstellung...<br />

Dieser Fall war ein bisschen anders. Allein schon, wenn man sich diese Größenordung<br />

ansieht, die Zahlen, die fingierten Umsätze, die getätigt wurden, <strong>und</strong><br />

natürlich auch die Tatsache, dass nichtsteuerliche Straftaten im Raum standen,<br />

war ... der Gr<strong>und</strong>, dass wir <strong>von</strong> unserem Prinzip abgewichen sind...“<br />

führte der Zeuge aus, dass er seine Verw<strong>und</strong>erung hierüber nicht verbergen könne.<br />

Wenn tatsächlich einer der Gründe gewesen sein sollte, den Aspekt der nichtsteuerstrafrechtlichen<br />

Dinge mit der Staatsanwaltschaft zu erörtern, frage er sich,<br />

warum Frau Gräber dies dann nicht in ihrem Anschreiben deutlich gemacht habe.<br />

Warum habe man die Akten dann sorgfältig durchblättern müssen, um auf irgendeiner<br />

Rückseite festzustellen, da kommt ja das Wort „Wechselreiterei“ vor oder<br />

„Bilanzfälschung“.<br />

Zum Verfahren selbst sei es ihm nach wie vor ein Rätsel, warum die Zustimmung<br />

des Gerichts nicht eingeholt worden sei. Oberstaatsanwalt Dr. Klee hätte eigentlich<br />

nur weiterleiten müssen, da die Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle dies entsprechend<br />

vorbereitet gehabt habe.<br />

Es habe nach Gesetzeslage kein Fall vorgelegen, in dem man ohne Beteiligung<br />

des Gerichts zu einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens gemäß 153 a StPO<br />

hätte kommen können.<br />

Der zweite Vorwurf betreffe die Behandlung der nichtsteuerstrafrechtlichen Vergehen.<br />

Den Anhaltspunkten, die sich diesbezüglich aus der Akte ergeben, sei<br />

nicht nachgegangen worden. Hierbei müsse er aber zugeben, dass die Situation<br />

für den Dezernenten der Staatsanwaltschaft etwas verführerisch gewesen sei. Er<br />

bekomme schon auf der ersten Seite gesagt, alle Beteiligten seien einverstanden<br />

mit der Einstellung des Verfahrens. In dem Anschreiben der Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle<br />

sei auf die nichtsteuerlichen Straftaten überhaupt nicht hingewiesen<br />

worden. Nur beim intensiven Aktenstudium, das nicht oder nicht genügend stattgef<strong>und</strong>en<br />

habe, habe man derartige Anhaltspunkte finden können. Da werde an<br />

einer Stelle zitiert, dass als Gr<strong>und</strong> für die gegenseitige Rechnungsausstellung in<br />

Höhe <strong>von</strong> immerhin 247 Mio. DM die Rediskontierungsfähigkeit <strong>von</strong> Wechseln<br />

angegeben worden sei. An anderer Stelle werde auch <strong>von</strong> dem Stichwort „Bilanzfälschung“<br />

berichtet. Das hätte natürlich dem Dezernenten der Staatsanwaltschaft<br />

auffallen müssen. Hinsichtlich der nichtsteuerlichen Straftaten hätte ermittelt werden<br />

müssen. Man hätte die Einlassung der Beschuldigten überprüfen <strong>und</strong> feststellen<br />

müssen, sind tatsächlich Wechsel ausgestellt worden <strong>und</strong> in welcher Höhe.<br />

Auf Vorhalt einer Aufstellung vom 13. Januar 2003 über die „Bankschulden im<br />

Firmenbereich des Matthias Schmider“, die der Betriebsprüfer Gerhard Meier in<br />

der Sitzung des Untersuchungsausschusses „FlowTex“ am 15. Januar 2003 übergeben<br />

hatte, im Auszug<br />

„Fibertex Fassadenbeschichtungen GmbH ... Verbindlichkeiten Kreditinstitute<br />

31. Dezember 1990 889.748 ... Wechselschulden 2.469.960 ...<br />

Fibertex Internationale Vertriebs GmbH ... Verbindlichkeiten Kreditinstitute<br />

290.673,81 ... Wechselschulden 641.680 ...“<br />

sagte der Zeuge aus, er könne sich nur wiederholen. Man hätte die damaligen<br />

Schuldner oder die Gläubiger aus den Wechselforderungen befragen sowie die<br />

Wechselverbindlichkeiten feststellen müssen.<br />

Auf den Vorhalt, dass Scheinrechnungen in Höhe <strong>von</strong> 247 Mio. DM eine erhebliche<br />

kriminelle Energie offenbaren, führte der Zeuge aus, man könne <strong>von</strong> einer<br />

kriminellen Energie nur dann sprechen, wenn eine Straftat vorliege. Das gegenseitige<br />

sich – zuschicken <strong>von</strong> Scheinrechnungen sei an sich noch keine Straftat,<br />

sondern man habe irgendetwas damit vorgehabt, <strong>und</strong> genau das hätte ergründet<br />

werden müssen. Dies hätte weder die Strafsachstelle gesehen, noch die Betriebsprüfung,<br />

noch die Staatsanwaltschaft. Aber die Staatsanwaltschaft in erster Linie<br />

deswegen nicht, weil man nicht deutlich genug auf den außersteuerstrafrechtlichen<br />

Aspekt hingewiesen habe. Zu denken gewesen wäre hier an einen „Kredit-<br />

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