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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

Aussagen OAR Kiefer, Apr. 14. Sitzung S. 51 ff., 53; AR Meier, Apr. 14. Sitzung<br />

S. 69, 83, 112; OAR Rügenhagen, Apr. 14. Sitzung S. 117 ff., 125), der OFD (vgl.<br />

AR Michel, Apr. 16. Sitzung S. 159; LRD Pagendarm, Apr. 17. Sitzung S. 7, 15,<br />

30) <strong>und</strong> der Strabu (vgl. Aussage ORR’in Gräber, Apr. 14. Sitzung S. 185 oder<br />

das Schreiben der Strabu an die StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> v. 4. Februar 1994 in SA 13<br />

Js 42/94 Bl. 3) anders waren. Im Ergebnis wurde dann aber doch eine Steuerhinterziehung<br />

gem. § 370 AO bejaht.<br />

Für das Vorliegen vorsätzlichen Handelns reicht es in Fallkonstellationen wie den<br />

vorliegenden aus, wenn die Täter wissen, dass aus Rechnungen, denen keine Lieferung<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt, keine Vorsteuer abgezogen darf, was bei Unternehmern,<br />

die seit längerem am Geschäftsleben teilnehmen, anzunehmen ist (vgl. zum Vorsatz<br />

bei § 370 AO: BGH, wistra 90, 193 ff; 98, 225 ff.). Die Äußerung des Matthias<br />

Schmider, „es war mir damals nicht bekannt, dass ich keine Scheinrechnungen<br />

erstellen darf“, <strong>und</strong> der Hinweis darauf, dass „niemand [...] geschädigt wurde“<br />

(vgl. Strafakte der Strabu ÜlStrNr. 226/93 Bl. 349 R), können einen vorsatzausschließenden<br />

Tatbestandsirrtum gem. § 16 StGB nicht begründen. Zum einen<br />

ist in dem Vordruck zur Umsatzsteuererklärung der ausdrückliche Hinweis auf<br />

„Lieferungen, sonstige Leistungen“ <strong>und</strong> „Umsätze“ enthalten, weshalb angebliche<br />

Unkenntnis im Hinblick auf die Unzulässigkeit <strong>von</strong> Scheinrechnungen nicht überzeugt.<br />

Zum anderen betrifft die Frage des Eintritts eines Schadens für den Fiskus<br />

die Ebene des Motivs <strong>und</strong> nicht die des Vorsatzes, da § 370 AO keinen wirtschaftlichen<br />

Schaden als tatbestandlichen Erfolg voraussetzt. Entsprechendes gilt für<br />

die gleichlautenden Einlassungen des Manfred Schmider, wobei dessen weitere<br />

Einlassung, § 14 III UStG sei nicht bekannt gewesen (vgl. Strafakte der Strabu<br />

ÜlStrNr. 238/93 Bl. 29 f.), schon nicht die Frage des strafrechtlichen Vorwurfs<br />

eines unberechtigten Vorsteuerabzugs betrifft.<br />

Dass bei dieser Rechtslage per Saldo eine Bereicherung des Fiskus entstand<br />

(= Rückforderung zu Unrecht abgezogener Vorsteuer, Einbehalten der gem. § 14 III<br />

UStG abgeführten USt ohne Vorliegen eines sonst USt auslösenden Umsatzes), änderte<br />

an der Verwirklichung des § 370 AO nichts. Selbst die zwischenzeitlich ergangene<br />

Entscheidung des EuGH v. 19. September 2000, wonach § 14 III UStG nicht<br />

mit Art. 21 Nr. 1 c der 6. Richtlinie vereinbar ist, die schließlich zur BFH Rspr. einer<br />

nunmehr möglichen <strong>Bericht</strong>igung <strong>von</strong> Scheinrechnungen führte (vgl. BFH UR 01,<br />

255 ff., 312 ff.), berührt die Strafbarkeit des Vorsteuerabzugs in Fällen wie dem<br />

vorliegenden nicht. Nach dazu jüngster Rspr. des BGH (NJW 02, 3036 ff., 3037)<br />

soll nämlich die <strong>Bericht</strong>igungsmöglichkeit keinen Einfluss auf die Strafbarkeit haben:<br />

Denn es könne „ein (...) zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuerbetrag nicht<br />

mit solchen Umsatzsteuerverbindlichkeiten saldiert werden, die aufgr<strong>und</strong> einer späteren<br />

<strong>Bericht</strong>igung in Wegfall gelangen.“ Begründet wird dies damit, dass die Steuer<br />

nach § 14 III UStG zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung jedenfalls geschuldet<br />

war (= Gedanke der Vermeidung eines <strong>von</strong> Scheinrechnungen ausgehenden<br />

Gefährdungspotentials) <strong>und</strong> eine Verrechung <strong>von</strong> Vorsteuer <strong>und</strong> USt nach<br />

§ 14 III UStG dem Kompensationsverbot gem. § 370 IV 3 AO unterliegt.<br />

Erst auf der Ebene der Strafzumessung (§ 46 StGB: Auswirkungen der Tat) hätte<br />

daher zugunsten beider Beschuldigter gewertet werden können, dass dem Fiskus<br />

per Saldo kein Schaden entstanden war: Denn die Brüder Schmider hatten <strong>von</strong><br />

vornherein geplant, dass Vorsteuer aus erhaltener Rechnung nur geltend gemacht<br />

wird, wenn die aus dieser Rechnung fällige USt angemeldet <strong>und</strong> abgeführt wurde.<br />

Damit war zu keinem Zeitpunkt eine <strong>von</strong> Scheinrechnungen gr<strong>und</strong>sätzlich ausgehende<br />

relevante Gefährdungslage gegeben (vgl. dazu auch BGH, NJW 02,<br />

3036 ff., 3038).<br />

Dennoch erscheint angesichts eines eingetretenen Verkürzungserfolgs in Höhe <strong>von</strong><br />

jeweils etwa 17 Mio. DM der <strong>von</strong> der Strabu an die StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> weitergegebene<br />

Vorschlag, das Verfahren gem. § 153 a StPO gegen Geldauflage nach Einholung<br />

der Zustimmung des Gerichts einzustellen (vgl. Schreiben der Strabu v. 4. Februar<br />

1994 in SA 13 Js 42/94 Bl.3), nicht vertretbar. Eine Einstellung gem. § 153 a<br />

StPO kommt lediglich in Fällen <strong>von</strong> Schuld im unteren Bereich in Betracht, sie wird<br />

auch als Erledigungsverfahren im Bereich der kleineren Kriminalität verstanden. Da<br />

§ 370 AO als Erfolg nicht einen wirtschaftlichen Schaden verlangt, sondern lediglich<br />

eine unrichtige Festsetzung der Steuer, die hier jeweils in Höhe <strong>von</strong> 17 Mio.<br />

DM gegeben war, kann <strong>von</strong> kleinerer Kriminalität nicht gesprochen werden. In diesem<br />

Sinne äußerte sich auch LOStA Fluck, StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>, in einem <strong>Bericht</strong><br />

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