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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

3. Differenzen betreffend die Art <strong>und</strong> Weise der Vernehmungen der Beschuldigten<br />

Schmider <strong>und</strong> Dr. Kleiser<br />

Moniert wurde <strong>von</strong> der LPD KA auch, dass Manfred Schmider <strong>und</strong> Dr. Klaus<br />

Kleiser in dem Betrugsverfahren 628 Js 3693/00 in der Zeit vom 4. Februar 2000<br />

bis 31. März 2000 <strong>von</strong> Dezernent StA Dr. Hofmann, StA MA, gemeinsam vernommen<br />

wurden (vgl. EKHK Nagel, Apr. 23. UA-Sitzung S. 52). StA Dr. Hofmann<br />

erläuterte dabei den Gr<strong>und</strong> für das Ende der gemeinsamen Vernehmungen<br />

am 31. März 2000 wie folgt (vgl. Apr. 23. UA-Sitzung S. 131 ff., 138): „Dieses<br />

Modell mit den gemeinsamen Vernehmungen hatte sich (...) bis zum 31. März<br />

2000 totgelaufen. [...] Am 31. März ist es einfach explodiert. Da hat der Herr<br />

Kleiser <strong>und</strong> hat der Herr Schmider dann die Aussage über den Herrn Seyfried gemacht.<br />

Wir saßen da, wir waren konsterniert [...], dass der Herr Seyfried da irgendwie<br />

drinhängen könnte. [...] Der Herr Hörth <strong>und</strong> der Herr Seyfried sind dann<br />

gegangen, durften nicht mehr teilnehmen; [...] Und dann war sozusagen der<br />

Druck aus dem Kessel, <strong>und</strong> wir waren aufgestellt nach zwei Monaten, <strong>und</strong> jetzt<br />

sind dann die Einzelvernehmungen.“<br />

Zwar ist eine gemeinsame Vernehmung <strong>von</strong> Mitbeschuldigten unüblich, weil derart<br />

abgestimmte Antworten zu erwarten sind (so auch StA Dr. Hofmann, Apr.<br />

23. UA-Sitzung S. 132, der aber zutreffend auch darauf hinwies, dass bei Einzelvernehmung<br />

jederzeit eine Unterbrechung erfolgen kann <strong>und</strong> in derartigen Pausen<br />

ebenfalls Abstimmungen mit Mitbeschuldigten möglich sind, vgl. Apr. S. 135),<br />

doch wird die Art der Vernehmung vom Gesetz nicht vorgeschrieben, sodass der<br />

StA als Herr des Verfahrens jede Vernehmungsmethode wählen kann, die dem<br />

Verfahren dienlich ist, soweit es sich nicht um eine gem. § 136 a StPO verbotene<br />

Vernehmungsmethode handelt. Hier sollen nach Aussage <strong>von</strong> StA Dr. Hofmann<br />

die Beschuldigten bereits kurz nach ihrer Verhaftung eine gemeinsame Vernehmung<br />

angeboten haben (vgl. StA Dr. Hofmann, Apr. 23. UA-Sitzung S. 131).<br />

Diese frühzeitige Aussage- <strong>und</strong> Kooperationsbereitschaft auszunutzen, lag nahe,<br />

da der der Verhaftung zugr<strong>und</strong>e gelegte Sachverhalt äußerst komplex war <strong>und</strong> der<br />

Sachbeweis in Form einer auch nur ersten groben Auswertung der beschlagnahmten<br />

7000 bis 8000 Leitzordner geraume Zeit in Anspruch nehmen musste (anders<br />

die Auffassung <strong>von</strong> EKHK Nagel, der in der 23. UA-Sitzung einerseits selbst betonte,<br />

dass erst Regale bestellt <strong>und</strong> aufgebaut werden mussten, um die beschlagnahmten<br />

äußerst umfangreichen Unterlagen aufstellen zu können, andererseits<br />

aber trotz dieses Wochen andauernden Zeitverzugs eine Vernehmung der Beschuldigten<br />

erst nach Sichtung der Unterlagen für sinnvoll hielt, vgl. Apr.<br />

23. UA-Sitzung S. 50; StA Dr. Hofmann sprach in der 23. UA-Sitzung <strong>von</strong> 6 bis 8<br />

Wochen Zeitaufwand für den Aufbau der beschlagnahmten Akten, vgl. Apr.<br />

S. 134).<br />

Zugleich standen die Strafverfolgungsbehörden angesichts der Inhaftierung <strong>von</strong><br />

Manfred Schmider <strong>und</strong> Dr. Klaus Kleiser unter großem Zeitdruck, da Untersuchungshaft<br />

<strong>von</strong> mehr als einem Jahr bis zum Urteil nur ganz ausnahmsweise<br />

gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG NStZ 00, 153). Dieses in Art. 2 II 2 GG verankerte<br />

verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot gibt vor, dass „Strafverfolgungsbehörden<br />

[...] alle zumutbaren Maßnahmen ergreifen (müssen), um die Ermittlungen<br />

so schnell wie möglich abzuschließen <strong>und</strong> eine gerichtliche Entscheidung<br />

über die dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten herbeizuführen“ (vgl. Boujong<br />

in: KK-StPO, 2003, Vor § 112 Rn. 19). Wird zudem berücksichtigt, dass den<br />

Beschuldigten jederzeit das Recht zur Haftprüfung <strong>und</strong> vor allem zur Aussageverweigerung<br />

zustand, überzeugt um so mehr, dass in dem frühen Stadium des Verfahrens<br />

die Chance genutzt wurde, geständige Einlassungen oder zumindest ansatzweise<br />

sachverhaltsaufklärende Angaben zu erlangen, um derart einerseits<br />

möglichst schnell wenigstens einen ersten Überblick über den strafrechtlich relevanten<br />

Sachverhalt gewinnen <strong>und</strong> andererseits den für die Untersuchungshaft<br />

dringenden Tatverdacht aufrechterhalten zu können. Schließlich bedeuteten gemeinsame<br />

Aussagen der Beschuldigten, die ohnehin später mit dem beschlagnahmten<br />

Beweismaterial zu vergleichen waren, immer noch einen größeren Erkenntnisgewinn<br />

als gar keine Angaben.<br />

Der Einwand <strong>von</strong> EKHK Nagel, die Beschuldigten hätten sich mit Hilfe der gemeinsamen<br />

Vernehmungen „die Bälle gegenseitig zuspielen“ können (vgl. EKHK<br />

Nagel, Apr. 23. UA-Sitzung S. 53: „Es war eigentlich so ein Ball-Hin<strong>und</strong>herschmeißen<br />

zwischen den beiden bei den Vernehmungen.“), vermag ohnehin die<br />

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