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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

Aus Sicht des Gerichts sei nach der Sachlage im Gegenteil vielmehr da<strong>von</strong> auszugehen,<br />

dass Herr Seyfried die <strong>von</strong> ihm im Rahmen der Betriebsprüfung erhobenen,<br />

als relevant erkannten Tatsachen an seine Vorgesetzten <strong>und</strong> die Steuerfahndung<br />

weitergeleitet <strong>und</strong> engagiert an der Aufklärung des Schneeballsystems gearbeitet<br />

habe. Hinreichender Tatverdacht im Sinne der §§ 263, 27 bzw. 258 Abs. 4,<br />

22, 23 StGB bestünde deshalb aus tatsächlichen Gründen nicht.<br />

Im Rahmen der Begründung der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung<br />

des LG Mannheim trug die Staatsanwaltschaft Mannheim im Wesentlichen vor,<br />

dass die vorweggenommene Beweiswürdigung durch die Strafkammer, speziell<br />

was die Angaben der Haupttäter Manfred Schmider <strong>und</strong> Dr. Kleiser betreffe,<br />

nicht haltbar sei. Insbesondere sei es nicht haltbar, dass sich die Kammer lediglich<br />

auf die „jetzige“ Aussage des Zeugen Dr. Klaus Kleiser im Zwischenverfahren,<br />

auf den Punkt gebracht: „Alles sei nicht so gewesen“, stütze <strong>und</strong> sich damit zufrieden<br />

gebe.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Vielzahl der Vernehmungen <strong>von</strong> Schmider <strong>und</strong> Kleiser sei es aus<br />

diesem Hintergr<strong>und</strong> erforderlich, sich sowohl aussagepsychologisch mit den<br />

früheren Angaben der Haupttäter <strong>und</strong> den diesbezüglichen Ausführungen vor der<br />

Strafkammer im Rahmen einer Hauptverhandlung auseinanderzusetzen, was das<br />

Gericht nicht getan habe.<br />

Im Rahmen der weiteren Begründung der sofortigen Beschwerde stellte die<br />

Staatsanwaltschaft auch weitere Tathandlungen bzw. Unterlassungen des Angeschuldigten<br />

Seyfried im Rahmen der damaligen Betriebsprüfung dar, die die Angaben<br />

<strong>von</strong> Dr. Kleiser <strong>und</strong> Manfred Schmider zu den geschilderten Zusagen bezüglich<br />

des Ablaufs der Betriebsprüfungen im Wesentlichen bestätigen sollen.<br />

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, die der Beschwerde der Staatsanwaltschaft<br />

Mannheim gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 22. Juni<br />

2004 beitrat, ergänzte mit Schriftsatz vom 18. August 2004 an das Oberlandesgericht<br />

Karlsruhe, dass sie die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Mannheim in<br />

ihrer Beschwerdebegründung sowohl in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht<br />

für zutreffend halte.<br />

Ferner ging die Generalstaatsanwaltschaft da<strong>von</strong> aus, dass der Beschluss des<br />

Landgerichts Mannheim im Zwischenverfahren über die Anordnung der Zeugenvernehmung<br />

sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht rechtsfehlerhaft<br />

sei. Die materielle Rechtsfehlerhaftigkeit begründete die Generalstaatsanwaltschaft<br />

wie folgt:<br />

„Nach § 202 Abs. 1 StPO kann das Gericht zur besseren Aufklärung der Sache<br />

einzelne Beweiserhebungen anordnen, bevor es über die Eröffnung des Hauptverfahrens<br />

entscheidet. Das Gericht muss sich dabei aber auf einzelne Beweiserhebungen<br />

beschränken, also auf eine bloße Ergänzung eines <strong>von</strong> der Staatsanwaltschaft<br />

im Ermittlungsverfahren bereits weitgehend ausermittelten <strong>und</strong><br />

aufgeklärten Sachverhalts. Die Vorschrift des § 202 StPO dient demgegenüber<br />

nicht dazu, umfangreiche <strong>und</strong> zeitaufwendige Nachforschungen anzustellen<br />

oder gar die Hauptverhandlung vorwegzunehmen [es folgen entsprechende<br />

Nachweise aus Rechtsprechung <strong>und</strong> Literatur]. Gemessen an diesen Maßstäben<br />

handelt es sich vorliegend um eine umfangreiche Beweisaufnahme eines<br />

<strong>von</strong> der Staatsanwaltschaft bereits ausermittelten <strong>und</strong> aufgeklärten Sachverhalts.<br />

Dabei kann die Frage, ob es sich um eine umfangreiche Beweisaufnahme,<br />

nicht quantitativ beurteilt werden, sondern ist normativ zu sehen. Auch<br />

eine einzige Beweisaufnahme ist nicht mehr „einzeln“, wenn sie dem Normzweck<br />

des § 202 StPO zuwiderläuft.<br />

Wie sich aus dem Protokoll ergibt, hat die Strafkammer eine Vernehmung<br />

durchgeführt, die nach der gesetzlichen Aufgabenverteilung der Hauptverhandlung<br />

vorbehalten bleiben musste. Der Zeuge Dr. Kleiser wurde so umfassend<br />

<strong>und</strong> wie bereits erwähnt, ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Beweisthema<br />

vernommen, wie dies gemäß § 244 Abs. 2 StPO in einer Hauptverhandlung<br />

der Regelfall, jedoch im Zwischenverfahren nach der eindeutigen Regelung<br />

des § 202 StPO mit dem Gebot der Beschränkung auf eine einzelne Beweiserhebung<br />

nicht vereinbar ist. Anerkannt ist, dass die Vernehmung eines<br />

Angeschuldigten zur Aufklärung einer bestimmten Beweisfrage im Zwischenverfahren<br />

zulässig ist, jedoch nicht seine Vernehmung zur Sache insge-<br />

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