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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

6. Bewertung des Untersuchungsgegenstands A. III. Ziff. 2<br />

a) Differenzen zwischen der Staatsanwaltschaft Mannheim <strong>und</strong> dem ehemaligen<br />

Leiter der Soko FlowTex der LPD Karlsruhe<br />

Im Rahmen der Ermittlungen, welche letztendlich zur Anklageerhebung gegen<br />

Herrn Manfred Schmider u. a. führte, gab es während des Ermittlungsverfahrens<br />

starke Differenzen zwischen dem Leiter der Sonderkommission Flowtex EHK<br />

Kurt Nagel <strong>und</strong> dem zuständigen Staatsanwalt Dr. Hofmann, Staatsanwaltschaft<br />

Mannheim.<br />

Diese Meinungsverschiedenheiten betrafen insbesondere die Frage der Methodik<br />

der Beschuldigtenvernehmungen<br />

Herr Dr. Hofmann hat in der Zeit vom 4. Februar 2000 bis 31. März 2000 die Beschuldigten<br />

Manfred Schmider <strong>und</strong> Dr. Klaus Kleiser gemeinsam vernommen,<br />

was unüblich ist.<br />

Die gemeinsamen Vernehmungen wurden <strong>von</strong> EHK Nagel kritisiert, weil damit<br />

seiner Auffassung nach den Beschuldigten Dr. Kleiser <strong>und</strong> Schmider die Möglichkeit<br />

eröffnet wurde, sich „die Bälle gegenseitig zuzuspielen“ bzw. sich abzusprechen.<br />

Herr Dr. Hofmann hingegen hat die Ansicht vertreten, dass eine gemeinsame Vernehmung<br />

der Beschuldigten im Verfahren erforderlich war, da hierdurch der Gesamtsachverhalt<br />

relativ schnell aufgeklärt werden konnte <strong>und</strong> letztendlich auch<br />

deshalb relativ rasch Anklage erhoben werden konnte.<br />

Herr Dr. Hofmann hat sich mit seinem prozessökonomischen Ansatz als zuständiger<br />

Staatsanwalt <strong>und</strong> somit Herr des Ermittlungsverfahrens gegenüber Herrn<br />

EHK Nagel durchgesetzt <strong>und</strong> dies auch unmissverständlich in einem Schreiben<br />

vom 17. Juli 2000 an die Soko FlowTex zum Ausdruck gebracht.<br />

Nach der Rechtsauffassung der Fraktionen der SPD <strong>und</strong> der GRÜNEN darf jedoch<br />

Prozessökonomie nie Vorrang vor der Wahrheitsfindung haben, sodass im<br />

Ergebnis die <strong>von</strong> EHK Nagel geäußerte Kritik berechtigt erscheint.<br />

Zunächst einmal ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass eine gemeinsame Vernehmung<br />

<strong>von</strong> mehreren Beschuldigten die wegen eines identischen Sachverhalts<br />

verdächtigt werden, nicht ohne Gr<strong>und</strong> völlig unüblich ist.<br />

Im Strafverfahren gegen die Flowtex-Verantwortlichen wurde in Bezug auf die<br />

Untersuchungshaftbedingungen Wert darauf gelegt, dass die Beschuldigten keinen<br />

Kontakt untereinander haben, weshalb alle Beschuldigten auf verschiedene<br />

Haftanstalten verteilt wurden; dies entspricht im Übrigen in Wirtschaftsstrafverfahren<br />

dieser Größenordnung der üblichen Verfahrensweise.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist wenig verständlich, dass die Beschuldigten gemeinsam<br />

vernommen wurden.<br />

Erschwerend kommt noch hinzu, dass den Beschuldigten Dr. Kleiser <strong>und</strong> Schmider<br />

während den Vernehmungen eine Vorzugsbehandlung dergestalt zukam, dass<br />

ihnen erlaubt wurde zu telefonieren; auch der Kontakt mit Angehörigen während<br />

den Vernehmungspausen wurde gestattet.<br />

Soweit Staatsanwalt Dr. Hofmann sein Vorgehen damit begründet hat, dass hierdurch<br />

eine angenehme Vernehmungsatmosphäre geschaffen wurde, welche letztendlich<br />

die Sachaufklärung <strong>und</strong> damit das Verfahren insgesamt stark beschleunigt<br />

habe, so überzeugt dies wenig.<br />

Den Beschuldigten wurde durch die gemeinsamen Vernehmungen <strong>und</strong> durch den<br />

unkontrollierten Umgang mit Dritten vielmehr ermöglicht, aus der Haft heraus im<br />

Rahmen des Ermittlungsverfahren noch Vorkehrungen zu treffen, damit die entsprechenden<br />

Gelder dem Zugriff der Ermittlungsbehörden entzogen blieben. Bis<br />

heute ist der Verbleib <strong>von</strong> Geldsummen in Millionenhöhe ungeklärt.<br />

Auch die Gefahr möglicher taktischer Absprachen lässt den <strong>von</strong> Herrn Dr. Hofmann<br />

eingeschlagenen Weg als wenig zielführend erscheinen, eine am Ziel der<br />

Wahrheitsfindung orientierte Sachaufklärung zu betreiben.<br />

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