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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

790<br />

ce für vier tatsächlich nicht existente Systeme mangels steuerlicher „Auswirkung“<br />

strafrechtlich nicht weiterverfolgt (vgl. Sachakte der Strabu KA-Durlach,<br />

ÜLStr.Nr. 155/97, Bl. 93).<br />

Einen ausdrücklichen Hinweis in den Ermittlungsakten auf das ältere Verfahren<br />

13 Js 42/94 gegen Matthias Schmider wegen der Scheinrechnungen aus den Jahren<br />

1988 bis 1992, welches gem. § 153 a StPO gegen eine Geldauflage in Höhe<br />

<strong>von</strong> 80.000 DM ebenfalls <strong>von</strong> dem Dezernenten OStA Dr. Klee, StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>,<br />

am 2. Mai 1994 eingestellt worden war, gibt es nicht. Es ist lediglich das<br />

zweiseitige Vernehmungsprotokoll der Vernehmung des Matthias Schmider v.<br />

9. Dezember 1993 aus dem Verfahren 13 Js 42/94 in der Ermittlungsakte 300 Js<br />

62/98, Bl. 437, abgeheftet, ohne dass ein Zusammenhang zum Verfahren 300 Js<br />

62/98 oder der Ausgang des alten Verfahrens 13 Js 42/94 deutlich gemacht wird.<br />

Das AG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> konnte also das ältere Verfahren aus dem Jahr 1994 bei der<br />

Frage, ob eine Geldstrafe mittels eines Strafbefehls oder aber eine Freiheitsstrafe<br />

(auf Bewährung) nach Hauptverhandlung angemessen ist, nicht berücksichtigen.<br />

Als Gr<strong>und</strong> für den unterbliebenen Hinweis auf das Verfahren 13 Js 42/94 wurde<br />

<strong>von</strong> OStA Dr. Klee in einer dienstlichen Äußerung v. 4. März 2002 angegeben,<br />

dass ihm der ebenfalls <strong>von</strong> ihm bearbeitete Vorgang aus dem Jahr 1994 nicht<br />

mehr erinnerlich gewesen sei (vgl. LO JM 410 E-27/00 Bd. IX; derart auch die<br />

Einlassung <strong>von</strong> OStA a. D. Dr. Klee, Apr. 21. UA-Sitzung S. 150, 154 f.). Zu<br />

berücksichtigen ist dabei, dass ein gem. § 153 a StPO eingestelltes Verfahren<br />

nicht im B<strong>und</strong>eszentralregisterauszug, der regelmäßig eingeholt wird, eingetragen<br />

ist. Ob Kenntnis des den Strafbefehl erlassenden AG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> <strong>von</strong> dem 1994<br />

gem. § 153 a StPO eingestellten Verfahren gegen Matthias Schmider überhaupt zu<br />

einer anderen Bewertung beim Abschluss des Verfahrens im Jahr 1998 geführt<br />

hätte, muss offen bleiben. Rechtlich geboten wäre eine solche jedenfalls nicht gewesen.<br />

Matthias Schmider war gerade nicht vorbestraft, auch waren die Tatvorwürfe<br />

der Verfahren in den Jahren 1994 <strong>und</strong> 1998 unterschiedlich, sodass die<br />

Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht zwingend als die einzige angemessene<br />

Sanktionsform erscheinen musste.<br />

Nicht zu kritisieren ist, dass eine Vorlage des Ermittlungsverfahrens an den damaligen<br />

Behördenleiter der StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>, LOStA Fluck, unterblieb (vgl. OStA<br />

a. D. Dr. Klee, Apr. 21. UA-Sitzung S. 156), da die Voraussetzungen einer <strong>Bericht</strong>spflicht<br />

nach dem damals gültigen OrgStA nicht gegeben waren, zumal es<br />

sich bei dem Beschuldigten Matthias Schmider nicht um eine bekannte Persönlichkeit<br />

handelte (vgl. <strong>Bericht</strong> des LOStA Fluck v. 7. März 2002 in LO JM 410<br />

E-27/00 Bd. IX).<br />

Als vertretbar anzusehen ist auch die verhängte Sanktion. Ein Strafbefehl mit<br />

einer Geldstrafe <strong>von</strong> 720 Tagessätzen ist rechtlich möglich: Das Gesetz eröffnet<br />

in Fällen vorliegender Tatmehrheit – abweichend <strong>von</strong> der sonst geltenden Höchstgrenze<br />

<strong>von</strong> 360 Tagessätzen gem. § 40 I StGB – eine maximale Tagessatzanzahl<br />

<strong>von</strong> 720 Tagessätzen (vgl. § 54 II StGB). Damit zeigt sich, dass das Strafbefehlsverfahren<br />

gerade nicht auf die Erledigung <strong>von</strong> Bagatellfällen beschränkt ist (vgl.<br />

M-G, StPO, 46. Aufl., 2003, Vorbem. § 407 Rn.1). Doch stellt eine Geldstrafe <strong>von</strong><br />

720 Tagessätzen die Ausnahme dar. Statistisch gesehen verteilte sich die <strong>von</strong> Gerichten<br />

verhängte Tagessatzanzahl im Jahr 1998 in der Regel im unteren bis mittleren<br />

Bereich zwischen 16 <strong>und</strong> 90 Tagessätzen (5-15 TS = 14 %, 16-30 TS = 37,5 %,<br />

31-90 TS = 42,7 %; vgl. Streng, Strafrechtliche Sanktionen, 2002, S. 69 ff.; Strafverfolgung<br />

1998, S. 148). Der Ausnahmecharakter <strong>von</strong> Geldstrafen über 360 Tagessätzen<br />

(= 0,007 %, vgl. Streng, a.a.O.; Strafverfolgung, a.a.O.) hängt zum einen<br />

damit zusammen, dass dem Verurteilten nicht die Lebensgr<strong>und</strong>lage entzogen werden<br />

soll, zum anderen ist bei der Bemessung der Tagessatzanzahl neben allgemeinen<br />

Strafzumessungsgesichtspunkten zu berücksichtigen, dass einem Tagessatz ein<br />

Tag Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 43 StGB entspricht. Deshalb soll die Tagessatzanzahl<br />

nicht höher sein dürfen als eine dem Schuldmaß entsprechende Freiheitsstrafe<br />

(vgl. derart S/S/Stree, StGB, 26. Aufl., § 40 Rn. 4). Hier hätten 720 Tagessätze<br />

einer Ersatzfreiheitsstrafe <strong>von</strong> 2 Jahren entsprochen, was bei einem <strong>von</strong> der StA<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> angenommenen Hinterziehungserfolg <strong>von</strong> 774.760 DM bei einem<br />

Ersttäter durchaus hoch, aber nicht unvertretbar erscheint, zumal für Matthias<br />

Schmider das Rechtsmittel des Einspruchs offen stand. Recht zu geben ist OStA<br />

a. D. Dr. Klee in seiner taktischen Einschätzung, dass in einer anberaumten<br />

Hauptverhandlung bei einem Ersttäter „nicht mehr [...], sondern weniger (rausgekommen)“<br />

wäre (vgl. OStA a. D. Dr. Klee, Apr. 21. UA-Sitzung S. 150; ähnlich

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