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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

782<br />

nehmung v. 25. Januar 1994 ein: „Wenn ich mich recht erinnere, kam mein Bruder<br />

im Jahr 1988 auf mich zu <strong>und</strong> erzählte mir, dass er mit seiner Firma wohl Verluste<br />

eingefahren hätte, diese laufe nicht so richtig. Er hatte auch Kredite aufgenommen.<br />

Er fragte mich, ob ich ihm helfen könne. Er hatte, wohl auch für seine<br />

Banken, eine Umsatzprognose erstellt, die nicht eingetreten war, <strong>und</strong> er schlug<br />

mir daher vor, dass er mir Rechnungen stelle, ich ihm im Gegenzug ebensolche<br />

über jeweils überhöhte Beträge, sodass seine Umsatzzahl erhöht werden konnte“<br />

(vgl. Strafakte der Strabu ÜLStrNr. 238/93 Ra Bl. 31). Auch in den Einlassungen<br />

des Strafverteidigers RA Kullen kam eine Täuschung gegenüber Banken zur<br />

Sprache: „Durch Fehlkalkulationen waren Anlaufverluste entstanden <strong>und</strong> Kredite<br />

aufgelaufen, deren Aufrechterhaltung Herr Schmider nur durch den Nachweis<br />

höherer Umsätze erreichen konnte“ (vgl. Strafakte der Strabu ÜLStrNr. 226/93 Ra<br />

Bl. 353). Nicht zuletzt enthält auch der Aktenvermerk der Betriebsprüfung über<br />

strafrechtliche Feststellungen im Verlauf der Prüfung <strong>von</strong> Firmen des Matthias<br />

Schmider einen ausdrücklichen Hinweis auf nichtsteuerliche Delikte (= „Wechselfinanzierung“,<br />

„Bilanzfälschung“, vgl. Ziff. 4 des Vermerks in der Strafakte<br />

der Strabu ÜLStrNr. 226/93 Ra Bl. 85 R). Die Anhaltspunkte für das mögliche<br />

Vorliegen nichtsteuerlicher Straftaten waren somit nicht in der Akte versteckt,<br />

sondern selbst bei grobem Aktenstudium leicht erkennbar, zumal der zuständige<br />

Dezernent für eine zutreffende Bewertung des Sachverhalts zumindest die Beschuldigtenvernehmungen<br />

lesen musste.<br />

Die in den Strafakten befindlichen Kontoauszüge, nach denen die gewährten Firmenkredite<br />

auf Null zurückgeführt wurden, mögen zwar gegen das Vorliegen<br />

eines sog. Vermögensschadens im Sinne des § 263 StGB gesprochen haben (anders<br />

LOStA Fluck, Apr. 16. Sitzung S. 74, der darin höchstens eine strafmildernde<br />

„Schadenswiedergutmachung“ erblickt), befreiten aber keinesfalls <strong>von</strong> der Prüfung<br />

des Kreditbetrugs gem. § 265 b StGB, der als abstraktes Gefährdungsdelikt<br />

bereits mit der Vorlage falscher Unterlagen im Zusammenhang mit einem Kreditantrag<br />

vollendet ist; ebenso setzt § 331 HGB gerade nicht den Eintritt eines Vermögensschadens<br />

voraus.<br />

Im Ergebnis ganz ähnlich erfolgte die Einschätzung des LOStA Fluck in der<br />

16. UA-Sitzung (Apr. S. 70 ff.) oder im <strong>Bericht</strong> v. 7. März 2002 an die GStA KA<br />

zum damaligen Verfahrensabschluss durch die StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> (vgl. LO JM<br />

410 E-27/00 Bd. IX): „Aus meiner Sicht war die Einstellung des Verfahrens gem.<br />

§ 153 a StPO damals kaum vertretbar. Dagegen spricht die Schadenshöhe 17,08<br />

bzw. 17,5 Mio. DM. Auch wenn es sich nur um Scheinrechnungen handelte,<br />

schuldeten die Gebrüder Schmider dem Finanzamt die zu Unrecht ausgewiesene<br />

Umsatzsteuer. [...] Bei einer Gesamtschau aller Umstände gehe ich aus heutiger<br />

Sicht da<strong>von</strong> aus, daß im Jahr 1994 bei der geschilderten Sachlage kaum <strong>von</strong> einer<br />

Anwendbarkeit des § 153 a StPO ausgegangen werden kann. [...] Es steht mit der<br />

erforderlichen Sicherheit fest, daß die [...] erforderliche Zustimmung des Gerichts<br />

[...] nicht eingeholt wurde. [...] Diese Verfahrensweise ist angesichts der Schadenshöhe<br />

fehlerhaft <strong>und</strong> aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar. [...] Eine Prüfung<br />

der sich aus den Ermittlungsakten ergebenden Anhaltspunkte für nichtsteuerliche<br />

Straftaten ist offenk<strong>und</strong>ig nicht erfolgt. [...] Den sich aus den Akten ergebenden<br />

Hinweisen auf nichtsteuerliche Straftaten hätte damals nachgegangen werden<br />

müssen (§ 152 II StPO).“<br />

Ein Verwertungsverbot hinderte erforderliche Ermittlungen im Hinblick auf<br />

§ 265 b StGB <strong>und</strong> § 331 HGB jedenfalls nicht (so aber die Einlassung <strong>von</strong><br />

RA Kullen in einem Schreiben v. 15. Oktober 1993 an die Strabu, vgl. Strafakte<br />

Strabu ÜLStrNr. 226/93 Bl. 325 ff.; ähnlich der seinerzeitige Dezernent OStA<br />

Dr. Klee, Apr. 16. Sitzung S. 14 ff., 18 ff., der eine Verwertbarkeit der Angaben<br />

zu nichtsteuerlichen Delikten gem. § 393 II AO für ausgeschlossen hielt, da<br />

§ 30 IV Nr. 5 AO mangels eingetretenen Schadens nicht gegeben gewesen sei; anders<br />

die Einschätzung <strong>von</strong> LOStA Fluck, Apr. 16. Sitzung S. 79, der einen Rückgriff<br />

auf § 30 IV Nr. 5 AO für nicht erforderlich hielt, oder GStA Hertweck, Apr.<br />

16. Sitzung S. 97). Einer Verwendung der Angaben des Matthias Schmider stand<br />

nicht § 393 II AO entgegen, soweit die Angaben in der Vernehmung vor der Strabu<br />

betroffen sind. Denn die Vernehmung erfolgte ausschließlich im Rahmen der<br />

Verfolgung einer Steuerstraftat, nachdem dem Beschuldigten die Einleitung des<br />

Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben <strong>und</strong> er gem. § 136 StPO insbesondere über<br />

seine Aussagefreiheit belehrt worden war. Somit wurde das Beweismittel, Einlassung<br />

des Matthias Schmider, (auch) im (Steuer-)Strafverfahren bekannt; die Ver-

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