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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

Auf Nachfrage, dass auch in steuerstrafrechtlicher Hinsicht nicht weiter ermittelt<br />

werden sollte, sagte der Zeuge Pagendarm, ja, sicher, man habe das Strafverfahren<br />

nicht eingeleitet. Natürlich gebe es Unterschiede. Der Steuertatbestand sei im<br />

Zweifel möglicherweise auch strafrechtlich zu eruieren, also der subjektive Tatbestand,<br />

ob eine Steuerstraftat <strong>von</strong> Seiten der Steuerpflichtigen gegeben sei. All<br />

dies könne <strong>von</strong> der Betriebsprüfung ermittelt werden, müsse aber nicht unbedingt<br />

ermittelt werden. Darüber entscheide unter Umständen dann die StraBu-Stelle,<br />

die Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle, oder, wenn man den Fall abgebe, natürlich<br />

die Staatsanwaltschaft. Vom Gr<strong>und</strong>satz her aber sei man der Auffassung gewesen,<br />

zunächst erst mal liege keine Steuerstraftat vor, man brauche kein Steuerstrafverfahren<br />

einzuleiten. Auf Nachfrage, warum vom Gr<strong>und</strong>satz her keine Steuerstraftat<br />

vorgelegen habe, führte der Zeuge Pagendarm aus, man sei der Auffassung gewesen,<br />

dass zunächst erst mal auch da Ermittlungen angestellt werden müssten. Weiter<br />

sei man der Auffassung gewesen, dass gr<strong>und</strong>sätzlich bei Sachverhalten des<br />

§ 14 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz nicht unbedingt gleich ein Strafverfahren vorliege.<br />

Da gebe es auch Fehlbuchungen, Falschbuchungen <strong>und</strong> Ähnliches. Da müsse<br />

man hinterher gehen. Zu dem Zeitpunkt, April 1992, sei man noch nicht soweit<br />

gewesen. Aber er habe auch gesagt, letztlich: In den subjektiven Bereich gehen<br />

wir nicht hinein. Natürlich sei Herr Schmider auf den Prüfer zugekommen <strong>und</strong><br />

habe ihm gesagt: „Wir haben im Gr<strong>und</strong>e genommen diese Scheinbuchungen nur<br />

vorgenommen, weil wir besser bei den Banken dastehen wollten.“ Aber diesen<br />

Dingen sei man nicht nachgegangen <strong>und</strong> brauchte man auch nicht nachzugehen,<br />

weil die Fakten aus der Buchführung hervorgegangen seien. Es sei gebucht gewesen,<br />

sowohl bei dem einen als auch bei dem anderen Bruder. Man habe den<br />

Tatbestand des § 14 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz eindeutig vor sich liegen. Man habe<br />

die Falschbuchung gehabt, man habe die Scheingeschäfte gehabt, <strong>und</strong> man habe<br />

auch steuerrechtlich die Konsequenzen zu ziehen gehabt, das heißt also, diese<br />

Umsatzsteuer zu erheben. Dies sei ihre Entscheidung gewesen, jedenfalls bis zum<br />

Zeitpunkt, wo er unmittelbar daran beteiligt gewesen sei.<br />

Auf Frage, was man da eigentlich noch weiter ermitteln musste, sagte der Zeuge<br />

Pagendarm, es habe sich ja nicht nur um eine Prüfung der Umsatzsteuer gehandelt,<br />

sondern des gesamten Betriebs. Es seien also nicht nur speziell die Scheingeschäfte<br />

untersucht worden, sondern der gesamte Betriebsprüfungsfall, also der gesamte<br />

Steuerfall.<br />

Auf Nachfrage, ob dies so zu verstehen sei, dass es im Interesse gerade dieser<br />

Prüfung lag, nicht zu früh mit einem Strafverfahren hier einzugreifen, um die anderen<br />

Bereiche im Gr<strong>und</strong>e genommen ungestört weiter prüfen zu können, bestätigte<br />

der Zeuge Pagendarm, so sei es gewesen. Auf weitere Frage, ob man dann<br />

zum Schluss keinen Steuerstraftatbestand angenommen habe, erwiderte der Zeuge<br />

Pagendarm, man habe den Verdacht einer Steuerstraftat angenommen, sonst hätte<br />

man keinen roten Bogen schreiben wollen.<br />

Auf Frage, ob es seine „Geschäftspolitik“ gewesen sei, so lange wie möglich<br />

nicht ins Strafverfahren zu gehen, weil dann Aussageverweigerungsrechte bestehen,<br />

also lieber immer Steuern einzuziehen, bei der Betriebsprüfung zu bleiben,<br />

führte der Zeuge Pagendarm aus, natürlich wolle man zunächst einmal die<br />

Betriebsprüfungen abschließen, ohne sich da strafrechtlich festzulegen. Festlegen<br />

werde man sich dann, wenn der Betriebsprüfungsbericht aufgr<strong>und</strong> eines bestimmten<br />

Vermerks – das ist der berühmte rote Bogen – auch an die Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle<br />

gehe. Und die entscheide dann, ob eingeleitet werde oder nicht. Der<br />

Fragesteller habe schon richtig erkannt, dass man versuche, möglichst die Einleitung<br />

eines Strafverfahrens weiter hinauszuschieben. Natürlich wolle man auch<br />

nicht den Steuerpflichtigen ins offene Messer laufen lassen. Das sei eine unheimliche<br />

Schwierigkeit für den Betriebsprüfer. Weil es dem Betriebsprüfer <strong>und</strong> dem<br />

Betriebssachgebietsleiter nicht „übers Herz ging“, einen Hinweis auf Strafsachen<br />

zu machen, habe er im Rahmen <strong>von</strong> Schlussbesprechungen den Steuerpflichtigen<br />

darauf hingewiesen – natürlich mit dem Hinweis, dass man möglicherweise ein<br />

Aussageverweigerungsrecht <strong>und</strong> Verwertungsverbot habe. Das könne durchaus<br />

passieren.<br />

Auf Frage, ob es <strong>von</strong> vorgesetzter Seite so etwas wie eine Vorgabe gebe, diese<br />

wohlwollende Zurückhaltung zu üben, wenn es darum ging, Strafverfahren, Ermittlungen<br />

strafrechtlicher Art einzuleiten, sagte der Zeuge Pagendarm, eine Weisung<br />

<strong>von</strong> oben oder ein Hinweis oder eine Abmachung, dass man sehr wohlwol-<br />

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