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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

ben vom 8. Juli 1995 an seine <strong>von</strong> ihm geschiedene Ehefrau fälschlich <strong>von</strong> einem<br />

bereits verjährten Versicherungsbetrug aus. Auch KHK Petzold hob die aus seiner<br />

Sicht geringere Gewichtung der Straftat bei Beteiligung des Manfred Schmider an<br />

dem Überfall vor der ersten Vernehmung des Karl Schöntag besonders hervor<br />

(vgl. APr. 10. UA-Sitzung S. 81).<br />

Nach alldem kann bei den Aussagen <strong>von</strong> Gerhard Schenk <strong>und</strong> Karl Schöntag gerade<br />

nicht <strong>von</strong> zwei getrennt zu sehenden Schilderungen des Tathergangs zum<br />

Raubüberfall am 12. Mai 1986 gesprochen werden. Die Angaben stehen vielmehr<br />

einer Aussage gleich.<br />

Nach gefestigter Rspr. des BGH ist bei Konstellationen, in denen sich Beschuldigter<br />

<strong>und</strong> einziger Zeuge als Beweismittel widersprechen, die Aussage des Belastungszeugen<br />

einer „besonders sorgfältigen Glaubwürdigkeitsprüfung“ zu unterziehen,<br />

da dem Angeklagten naturgemäß nur wenige Verteidigungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung stehen (vgl. nur BGHSt 44, 153 ff., 158; BGH StV 02, 470; 02,<br />

470 f., 471). Hier ist eine solche vom BGH geforderte sorgfältige Glaubwürdigkeitsprüfung<br />

<strong>von</strong> der Dezernentin in den Verfahren gegen Manfred Schmider vorgenommen<br />

worden, die im Ergebnis keine Beanstandung rechtfertigt. Die Entschließungen<br />

der Staatsanwältin finden sogar Bestätigung in dem Urteil des LG<br />

Stuttgart v. 30. April 1998 betreffend den Zivilrechtsstreit der Allianz Versicherung<br />

gegen Fam. Schmider (vgl. LO 21 Js 5722/00 Bd. 3 Bl. 189 ff.). Dort hat<br />

sich VRiLG Sobota als Einzelrichter ebenfalls mit der Glaubwürdigkeitsfrage insbesondere<br />

des Belastungszeugen Schöntag eingehend – auch im Sinne der Strafsenate<br />

des BGH – auseinandergesetzt: In den Entscheidungsgründen wird hervorgehoben,<br />

dass zwar ein „erheblicher Verdacht“ für einen nur vorgetäuschten<br />

Raubüberfall besteht, ein Nachweis aber nicht erbracht werden konnte, wobei das<br />

Gericht „erhebliche Bedenken“ an der „Zuverlässigkeit“ der Angaben des Zeugen<br />

Schöntag hatte. VRiLG Sobota wertete die Angaben des Gerhard Schenk zu Lasten<br />

des Manfred Schmider als „sinnvolle Verteidigungsstrategie“ <strong>und</strong> betonte,<br />

dass dieses „Geständnis“ Auslöser für die Angaben des Karl Schöntag gewesen<br />

sei. Auch die „relativ große inhaltliche Übereinstimmung“ der Aussagen <strong>von</strong><br />

Schenk <strong>und</strong> Schöntag wurde nicht als Indiz für deren Richtigkeit angesehen, da<br />

zwischen der ersten Vernehmung des Gerhard Schenk <strong>und</strong> der des Karl Schöntag<br />

fast zwei Monate lagen <strong>und</strong> Akteneinsicht bestand. Darüber hinaus sei auch dem<br />

Zeugen Schöntag bewusst gewesen, dass „eine Bestrafung wegen schweren Raubes<br />

wesentlich härter auszufallen drohte als eine Mitwirkung an einem Versicherungsbetrug“,<br />

stellte VRiLG Sobota fest. Er wertete die Glaubwürdigkeit des Zeugen<br />

Schöntag auch dadurch eingeschränkt, dass dieser bemüht war, „in einem<br />

schier nicht enden wollenden Redefluss eine umfassende Darstellung aus seiner<br />

Sicht zu geben, frühere Ungereimtheiten auszuräumen <strong>und</strong> [...] weitere den Beklagten<br />

[...] belastende Details oder Vorgänge nachzuschieben.“ In den Urteilsgründen<br />

wurde vom VRiLG Sobota das Aussageverhalten <strong>von</strong> Karl Schöntag als<br />

„auffällig“ <strong>und</strong> „ungewöhnlich“ umschrieben. Schließlich konstatierte das Gericht:<br />

„... irgendwelche objektiven Anhaltspunkte, die für die Richtigkeit der Angaben<br />

des Zeugen sprechen würden, liegen trotz intensiver Ermittlungsbemühungen<br />

der Staatsanwaltschaft nicht vor.“<br />

Selbst KHK Petzold musste in seiner Vernehmung vor dem UA FlowTex am<br />

6. November 2002 einräumen, dass es Zweifel an dem ersten Geständnis des Gerhard<br />

Schenk vom 11. Mai 1995 gegeben hatte, da diesem bereits die „Aktenlage“,<br />

die stets Manfred Schmider als Verdächtigen auswies, aus den Ermittlungen 1990<br />

bekannt war (KHK Petzold, APr. 10. UA-Sitzung S. 73; derart auch StA’in<br />

Scheck, APr. 8. UA-Sitzung S. 125, APr. 13. UA-Sitzung S. 14; OStA Armbrust,<br />

APr. 10. UA-Sitzung S. 182, OStA Hauer APr. 13. UA-Sitzung S. 96 ff.).<br />

Zu Recht wurde zudem <strong>von</strong> der Dezernentin als ganz wesentlich bei der Glaubwürdigkeitsprüfung<br />

der Belastungszeugen Schenk <strong>und</strong> Schöntag deren Aussageverhalten<br />

gewertet, das durch teilweise Rücknahme oder nicht mehr Aufrechterhalten<br />

<strong>von</strong> Vorwürfen gekennzeichnet war. So widerrief Gerhard Schenk am<br />

14. Mai 1996 seine bislang gemachten Aussagen <strong>und</strong> auch Karl Schöntag nahm<br />

am 19. März 1996 seine Aussage vom Vortag im Hinblick auf die Mitwisserschaft<br />

des Dr. Klaus Kleiser zurück. Derartigen Umständen soll nach Meinung<br />

des BGH (vgl. BGHSt 44, 153 ff., 159; BGH, StV 02, 470; 02, 470 f.) besonderes<br />

Gewicht zukommen: Der BGH verlangt fast im Sinne einer „Beweislastumkehr“<br />

eine nähere Begründung, warum die Glaubwürdigkeit der Angaben <strong>von</strong> Zeugen<br />

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