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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

810<br />

nen OStA Denk, der gegenüber dem AG Jena am 5. November 2002 aussagte:<br />

„Nachdem das Verfahren durch die Steuerfahndungsstelle Erfurt an mich herangetragen<br />

wurde, habe ich eine Verfahrenseinstellung nach § 170 II StPO erwogen.<br />

Voraussetzung wäre für mich gewesen, dass die Beschuldigte zuvor die Voraussetzungen<br />

des § 371 AO erfüllt hätte. Dieser Umstand ist aber nicht eingetreten.<br />

Ich habe sodann erwogen, das Verfahren gem. § 153 a I StPO abzuschließen. Dies<br />

war zu einem späteren Zeitpunkt. [...] Es hat seitens der Verteidigung natürlich<br />

Versuche gegeben, eine Verfahrenseinstellung zu bewirken. Das Interesse des Finanzamtes<br />

(Anmerkung: gemeint ist hier das FA Weimar) lag darin, die ausstehenden<br />

Steuerbeträge zu erlangen. Frau Dr. Barten hat <strong>von</strong> mir nicht gefordert,<br />

das Verfahren gem. § 170 II StPO einzustellen“ (vgl. LO StA MA, 401 Js<br />

22627/01, Hauptakte Bd. 7, Bl. 2558 ff.).<br />

Kritisch zu sehen ist, dass seitens der StA Mühlhausen eine Einstellung des Verfahrens<br />

gem. § 153 a StPO überhaupt ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Selbst<br />

wenn in der Gerichtspraxis bei Steuerstraftaten zur Vermeidung schwieriger <strong>und</strong><br />

lang andauernder Prozesse der Rahmen anzunehmender geringer Schuld weit gefasst<br />

wird (kritisch dazu etwa Seer, in FS Kohlmann, 2003, S. 535 ff., 551 ff),<br />

kann bei einem möglichem Hinterziehungserfolg im Millionenbereich eine Einstellung<br />

des Verfahrens gem. § 153 a StPO nicht mehr in Betracht kommen. Dies<br />

wurde so auch <strong>von</strong> RA Kullen, Verteidiger <strong>von</strong> Angelika Neumann, eingeschätzt:<br />

In einem Schreiben an Angelika Neumann v. 24. Februar 1997 weist er zutreffend<br />

darauf hin, dass angesichts der betroffenen Millionenbeträge „... im ‚Normalfall‘<br />

eine Freiheitsstrafe zur Bewährung zu erwarten (wäre)“ (vgl. LO JM 410 E-27/00<br />

Bd. X). Eine Einstellung des Verfahrens gem. § 170 II StPO, wie dies anfänglich<br />

<strong>von</strong> der StA Mühlhausen sogar angedacht war, war angesichts der Erweiterung<br />

des Strafverfahrens um Sachverhalte, die nicht <strong>von</strong> der Selbstanzeige umfasst <strong>und</strong><br />

einer Einstellung gem. § 170 II StPO nicht zugänglich waren, ohnehin nach der<br />

StPO ausgeschlossen, da diese Sachverhalte Teile einer prozessualen Tat waren<br />

(= ESt, KSt, USt <strong>und</strong> GewSt für die Jahre 1991 bis 1993; vgl. diesbezüglich den<br />

Einleitungsvermerk der BuStra Erfurt v. 5. März 1996 in LO GStA KA, Js 15/01,<br />

Beiakte 609 Js 145/96), die nur insgesamt hätte eingestellt oder angeklagt werden<br />

können.<br />

Eine Einwirkung der BP beim FA KA-Stadt auf eine gewollte Einstellung des<br />

Verfahrens gem. § 153 a StPO durch die StA Mühlhausen ist den Akten nicht zu<br />

entnehmen: Die Anfragen der BP beim FA KA-Stadt an die StA Mühlhausen v.<br />

22. November 1999 bzw. 25. November 1999, ob im Hinblick auf die anstehende<br />

weitere BP das noch anhängige Strafverfahren einem „einvernehmlichen“ Ende<br />

zugeführt werden könne – obwohl es zu diesem Zeitpunkt weitere Überprüfungsansätze<br />

zum Vorwurf auch der verfahrensgegenständlichen anonymen Anzeige in<br />

Weimar v. 25. April 1996 nach Besprechungen mit dem BKA gab <strong>und</strong> bereits<br />

Rechnungen einer Fa. Male aus den Jahren 1994 bis 1996 aufgetaucht waren,<br />

ohne dass es aber schon einen konkreten Verdacht gab (vgl. die Anfrage des AR<br />

Seyfried v. 23. November 1999 in LO StA MA 401 Js 3479/01 bzw. 22627/01<br />

BMO A4; die maßgebliche IZA Auskunft zur Fa. Male ging bei der BP erst am<br />

26. Januar 2000 ein) –, erfolgte zeitlich nach der Besprechung in der StA Mühlhausen<br />

am 4. März 1999, in welcher zwischen der StA Mühlhausen <strong>und</strong> der Steufa/BuStra<br />

Erfurt eine Einstellung des Verfahrens bereits gr<strong>und</strong>sätzlich befürwortet<br />

worden ist. Dies ergibt sich aus einem Aktenvermerk der Steufa Erfurt v.<br />

4. März 1999 (vgl. LO EF 7 Bl. 459 f., 460): „Herr Denk schlug vor, das Strafverfahren<br />

gegen Angelika Neumann nach § 153 a StPO einzustellen ...“ In diesem<br />

Sinne äußerte sich auch OStA Denk vor dem Untersuchungsausschuss (vgl. Apr.<br />

23. UA-Sitzung S. 35): „Die weiteren Ermittlungen, die dann durchgeführt wurden,<br />

erbrachten keine über die Selbstanzeige hinausgehenden Erkenntnisse, sodass<br />

über den Abschluss des Verfahrens nachgedacht wurde. Ich hatte auch teilweise<br />

in Absprache mit der Steuerfahndung Erfurt zunächst einmal eine Einstellung<br />

nach § 153 a StPO ins Auge gefasst.“ Auch die Zeugin Dr. Bettina Barten,<br />

seinerzeit Vertreterin des Vorstehers im FA Weimar <strong>und</strong> im Rahmen der Vollstreckung<br />

mit der Fa. KSK befasst, wurde am 4. November 2002 <strong>von</strong> der StA MA<br />

zu der angedachten Einstellung des Verfahrens <strong>und</strong> einer möglichen Einflussnahme<br />

vernommen. Auf die Frage: „Wurden sie seitens der Finanzverwaltung <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

darauf angesprochen, auf Herrn StA Denk dahin gehend einzuwirken,<br />

dass das Verfahren nach § 170 II StPO oder sonst wie eingestellt wird?“,<br />

antwortete sie klar: „Nein [...] Nochmals zur Klarstellung, ich habe nie gesagt

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