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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

884<br />

gen bzw. Veranlagungen ...)“: „Die BfA ist i. V. m. der Konzern Bp der FlowTex<br />

Gruppe zu prüfen. Folgende Punkte können als Schwerpunkte angesehen werden:<br />

1. Herstellung der Systeme – Anzahl u. Erlösverbuchung – 2. Kosten Vertriebsrecht<br />

[...] 3. Subventionszahlungen an Powerdrill-Gruppe 4. Verträge allgemein<br />

5. Geldabflüsse 1994/95 entsprechend Selbstanzeige 6. Geldabfluss an TexColor-<br />

Gruppe“ (vgl. LO L2-004). Mit dieser Passage offenbart der Betriebsprüfer für<br />

Dritte, dass er auch nach Abschluss der Prüfung bestimmte Bereiche, insbesondere<br />

den der Herstellung der Bohrsysteme, kritisch bewertet <strong>und</strong> weiter für überprüfungswert<br />

hält.<br />

Mit der Entscheidung des LG Karlsruhe zur Amtshaftungsklage gegen das Land<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> liegt mittlerweile ein erstes, noch nicht rechtskräftiges Urteil<br />

zum Verhalten des Betriebsprüfers des Finanzamts Karlsruhe-Stadt vor. Die zweite<br />

Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe wies am 26. Juli 2005 die Klage in<br />

Höhe <strong>von</strong> 1,1 Milliarden Euro gegen das Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> im Zusammenhang<br />

mit dem FlowTex-Betrug ab.<br />

Die Zivilkammer begründet ihre Entscheidung damit, dass nach einer umfassenden<br />

Beweisaufnahme der Vorwurf nicht erwiesen sei, dass der für die Betriebsprüfung<br />

der FlowTex Firmengruppe in den Jahren 1996/1997 zuständige Betriebsprüfer<br />

des Finanzamts Karlsruhe-Stadt Beihilfe zum Betrug geleistet habe,<br />

indem er die Aufdeckung des Betrugs mit fingierten Bohrsystemen verhindert habe.<br />

Sie führt insoweit aus: „Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Finanzbeamten<br />

der Betriebsprüfung <strong>und</strong> der Steuerfahndung (...) Kenntnis <strong>von</strong> den betrügerischen<br />

Geschäften mit tatsächlich nicht existierenden HBS hatten. Eine<br />

Solche Kenntnis lässt sich keinem der zahlreichen Aktenvermerke <strong>und</strong> sonstigen<br />

schriftlichen Unterlagen entnehmen, <strong>und</strong> eine solche Kenntnis haben die als Zeugen<br />

vernommenen Beamten auch sämtlich in Abrede gestellt.“<br />

Ausführlich geht dabei die Kammer auf die vorgenommene Überprüfung der<br />

Bohrsysteme mittels des Testatverfahrens ein: „Letztlich hat das durchgeführte<br />

WP-Testatverfahren dazu geführt, dass die Betriebsprüfer da<strong>von</strong> ausgingen, der<br />

durch die anonymen Anzeigen aufgeworfene Verdacht, es seien ‚Luftgeschäfte‘<br />

mit nicht existierenden HBS durchgeführt worden, sei unzutreffend. Zutreffend<br />

weist das beklagte Land darauf hin, dass die Betriebsprüfung mit diesem Verfahren<br />

an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gestoßen war. Da sie keine Möglichkeit<br />

hatte, selbst im Ausland zu ermitteln, war die Aufforderung an die Steuerschuldner,<br />

im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht den Nachweis für die Existenz der Systeme<br />

durch eine ‚private‘ Beweisaufnahme durch Wirtschaftsprüfer zu führen, die<br />

einzige ersichtliche, aber auch – im Hinblick auf das Wirtschaftsprüfern entgegengebrachte<br />

Vertrauen – eine vermeintlich besonders zuverlässige Erkenntnismöglichkeit.<br />

Dass sich dieser Nachweis nicht auf den Prüfungszeitraum beziehen<br />

konnte, sondern auf den damaligen Stand, lag in der Natur der Sache <strong>und</strong> musste<br />

mit der Erwägung, wenn die Systeme jetzt existierten, dann würden sie wohl auch<br />

zum Zeitpunkt ihres Verkaufs existiert haben, in Kauf genommen werden. Dass<br />

hierbei bereits die Bereitschaft Schmiders <strong>und</strong> Dr. Kleisers, die WP-Testate einzuholen,<br />

als Hinweis auf die Existenz gewertet wurde, ist nachvollziehbar. Denn<br />

für den Fall, dass die Systeme tatsächlich nicht existierten, hätten Schmider <strong>und</strong><br />

Dr. Kleiser nach der Vorstellung der Finanzbeamten vom WP-Testatverfahren die<br />

Aufdeckung der Nichtexistenz befürchten müssen <strong>und</strong> diesem Verfahren nicht zugestimmt.<br />

[...] Die Testateinholung wurde durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Industrie- <strong>und</strong> Verkehrstreuhand GmbH koordiniert. Dass die Beamten darauf<br />

vertraut haben, damit sei für eine Testierung durch seriöse Wirtschaftsprüfer<br />

ausreichend Sorge getragen, <strong>und</strong> im Hinblick auf das Wirtschaftsprüfern entgegen<br />

gebrachte Vertrauen auch darauf, mit den vorgelegten Testaten habe es seine<br />

Richtigkeit, ist nahe liegend. Die <strong>von</strong> den Klägern aufgelisteten Unstimmigkeiten<br />

(...) waren denkbar unauffällig.“ Auch die belastenden Angaben <strong>von</strong> Manfred<br />

Schmider, Dr. Klaus Kleiser, Angelika Neumann <strong>und</strong> des Zeugen Bulich hält die<br />

Kammer mangels konkreten Tatsachenkerns nicht für glaubhaft bzw. nicht geeignet,<br />

einen Nachweis der Kenntnis des Betriebsprüfers vom Betrugssystem erbringen<br />

zu können.<br />

Zudem verneint das LG Karlsruhe einen Amtsmissbrauch durch Finanzbeamte.<br />

Es begründet seine Auffassung damit, dass <strong>von</strong> den „Finanzbeamten nicht ‚sehenden<br />

Auges‘, sondern weil sie selbst darüber getäuscht worden waren, dass das <strong>von</strong><br />

ihnen erkannte Geldflusssystem nicht nur zur Deckung <strong>von</strong> Anfangsverlusten

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