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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

906<br />

führen. Er habe nicht vor, die <strong>von</strong> der ursprünglichen Anklage abgetrennten Anklageteile<br />

(Romonta, Powerdrill) hinzu zu verbinden (Anm.: gemeint sind die Anklageteile<br />

gegen Manfred Schmider, Klaus Kleiser), da er nicht gegen 6 Angeklagte<br />

gemeinsam verhandeln wolle. Andererseits wolle er auch nicht zweimal<br />

hintereinander denselben Sachverhaltskomplex im Rahmen einer umfänglichen<br />

Hauptverhandlung aufklären müssen. Er fragte deshalb an, ob die StA beantragen<br />

könne, das Verfahren insoweit gem. § 154 II StPO einzustellen. GStA Hertweck<br />

machte deutlich, dass [...] die StA einen entsprechenden Antrag nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

ablehne. Voraussetzung sei jedoch, dass das am 18. Dezember 2001 verkündete<br />

Urteil gegen Manfred Schmider u. a. Rechtskraft erlange. Vorher werde die<br />

StA sich nicht festlegen. Es müsse vielmehr sichergestellt sein, dass die ausgesprochenen<br />

Strafen Bestand hätten. [...] Ca. 10 Minuten nach dem ersten Telefonat<br />

rief VRiLG Meyer erneut bei GStA Hertweck an. [...] VRiLG Meyer teilte<br />

GStA Hertweck mit, dass die Verteidiger nicht bereit seien, einen Rechtsmittelverzicht<br />

zu erklären. GStA Hertweck machte deutlich, dass nunmehr die angesonnenen<br />

Anträge nach § 154 II StPO nicht in Betracht kämen. VRiLG Meyer entgegnete<br />

hierauf, dass er sich in diesem Fall nicht in der Lage sehe, die auf den<br />

15. Januar 2002 angesetzte Hauptverhandlung gegen Matthias Schmider <strong>und</strong><br />

Massimo Corbari durchzuführen. [...] Da er eine im Hinblick auf die Hauptverhandlung<br />

gegen Manfred Schmider u. a. bereits einmal verschobene Operation<br />

nicht nochmals verschieben wolle, überdies umfangreichen Jahresurlaub abzuwickeln<br />

habe <strong>und</strong> seine Pensionierung im Jahre 2003 bevorstehe, wisse er nicht,<br />

wann das Verfahren gegen Matthias Schmider <strong>und</strong> Massimo Corbari durchzuführen<br />

sei. Deshalb würden auch die gegen die beiden genannten bestehenden<br />

Haftbefehle aufgehoben werden. Er sei sich sicher, dass im Fall einer Beschwerde<br />

der StA der 3. Strafsenat des OLG KA die Aufhebungsentscheidung der Strafkammer<br />

bestätigen werde.“<br />

Dieses Telefonat macht deutlich, dass fortan in den anhängigen FlowTex Verfahren<br />

eine gespannte Stimmung zwischen der 22. großen Strafkammer des LG MA<br />

<strong>und</strong> der StA MA herrschte, obwohl vorliegend die Sichtweise des JuM, der GStA<br />

KA sowie der StA MA im Hinblick auf ein berechtigtes Strafverfolgungsinteresse<br />

nicht kritikwürdig ist <strong>und</strong> in Haftsachen nicht nur die Ermittlungsbehörden, sondern<br />

auch die mit der Strafsache befassten Gerichte (etwa bei der Frage der Terminsanberaumung<br />

gem. § 213 StPO) besonders dem sog. Beschleunigungsgebot<br />

unterliegen, welches zur Beschleunigung des Verfahrens eine Ausschöpfung jeder<br />

möglichen organisatorischen Maßnahme gebietet.<br />

Die eisige Stimmungslage zwischen StA MA <strong>und</strong> 22. Strafkammer des LG MA<br />

ergibt sich ferner aus einem weiteren Vermerk der GStA KA über ein nochmaliges<br />

Telefongespräch zwischen GStA Hertweck <strong>und</strong> VRilG Meyer am 21. Dezember<br />

2001 (vgl. LO GStA KA Az: MA 4/00 Bd. XII Bl. 6737 ff.): „VRiLG Meyer<br />

beklagte sich darüber, dass die StA eine Vereinbarung widerrufen habe, indem sie<br />

keinen Antrag nach § 154 II StPO bezüglich des Powerdrill- <strong>und</strong> Romonta-Komplexes<br />

gestellt habe. Eine solche Vereinbarung sei zwischen dem Gericht, dem<br />

Sitzungsvertreter StA (GL) Dr. Hofmann <strong>und</strong> den Angeklagten getroffen worden.<br />

StA (GL) Dr. Hofmann habe sich dahin gehend geäußert, dass die StA entsprechende<br />

Anträge nach § 154 II StPO stellen werde, wenn sie mit den Strafen<br />

zufrieden sei. [...] Dies habe nunmehr mit dem sachbearbeitenden Staatsanwalt<br />

erörtert werden sollen. Dieser habe aber offensichtlich ein ‚Kontaktverbot‘ <strong>und</strong> zu<br />

verstehen gegeben, dass er sich nicht äußern dürfe. VRiLG Meyer bek<strong>und</strong>ete<br />

seine Einschätzung dahin gehend, dass die Aussage eines Sitzungsvertreters der<br />

StA nichts wert sei. Er wolle jedoch auch mit den Verteidigern keinen Deal<br />

schließen. Wenn die StA kein Vertrauen in das Landgericht habe, könne das Verfahren<br />

auf der jetzigen Basis ohne die erbetenen Signale nicht durchgeführt werden.<br />

VRiLG Meyer äußerte sich dahin gehend, er fange kein Verfahren an, wenn<br />

er es mit einer StA zu tun habe, die in der Hauptverhandlung gelähmt sei. Im vorliegenden<br />

Falle (Matthias Schmider, Massimo Corbari) sei zudem da<strong>von</strong> auszugehen,<br />

dass die Verteidiger eine Konfliktverteidigung führen würden. GStA Hertweck<br />

machte deutlich, dass die StA sich nicht im Vorhinein zur Abgabe möglicher<br />

Anträge erklären werde. Solches müsse der jeweiligen Prozesssituation vorbehalten<br />

bleiben. Es sei der StA nicht zuzumuten, sich bereits vor Prozessbeginn<br />

im Hinblick auf prozessuale Verfahrensweisen festzulegen. [...] VRiLG Meyer<br />

(...) brachte zum Ausdruck, er <strong>und</strong> seine Richterkollegen in der Strafkammer fühlten<br />

sich durch die jetzige Entwicklung düpiert. Insbesondere ärgere ihn, dass

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