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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

852<br />

3. Unterschiedliche Ermittlungsansätze<br />

Die Untersuchung hat ergeben, dass in Karlsruhe <strong>und</strong> Erfurt unterschiedliche Ermittlungsansätze<br />

zur Aufdeckung des Verbleibs der so genannten Schmalfußgelder<br />

bzw. angeblichen Schmiergeldzahlungen ins Ausland bevorzugt wurden.<br />

Während vor allem <strong>von</strong> der Betriebsprüfung in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> eine Aufklärung<br />

des Sachverhalts zunächst mit Mitteln des Steuerrechts versucht werden<br />

sollte, war für die Steuerfahndung aus Thüringen eine Sachverhaltsaufklärung nur<br />

mit strafprozessualen Mitteln denkbar. Die durchaus nachvollziehbare Ansicht<br />

der Betriebesprüfung zeigt sich exemplarisch in einem Aktenvermerk der BP KA-<br />

Stadt v. 30. April 1996 über eine Besprechung mit der Steufa KA-Durlach: „... es<br />

wird konkret erwogen durch die Steufa (Anm.: gemeint ist die Steufa Erfurt), eine<br />

Durchsuchung vorzunehmen... [...] In der Diskussion wurde auf das Problem hingewiesen,<br />

was eigentlich bei einer Durchsuchung gesucht werden sollte. Ich wurde<br />

aufgefordert, entsprechende Anforderungen aufzustellen, verwies jedoch darauf,<br />

dass nach meiner Meinung <strong>und</strong> auch der <strong>von</strong> RR Gartner eine Durchsuchung<br />

sicher nicht den gewünschten Erfolg bringen würde, da die Beteiligten durch das<br />

Strafverfahren gewarnt seien (Anm.: Angesichts der Selbstanzeige wurde zu<br />

Recht <strong>von</strong> der Bustra Erfurt ein Strafverfahren eingeleitet <strong>und</strong> den Beschuldigten<br />

bekannt gegeben). [...] Wir Prüfer glauben, dass noch zu treffende Feststellungen<br />

auch ohne eine Durchsuchung möglich seien“ (vgl. LO JM 410 E-27/00 Bd. X).<br />

Übereinstimmend äußerten sich die Steuerfahndungsbeamten aus Thüringen aber<br />

dahin gehend, dass es lediglich ein Streit über die Wahl der richtigen Mittel gewesen<br />

sei. So sagte ORR Conrad, seinerzeit Sachgebietsleiter der Steufa beim FA<br />

Erfurt, in der 7. UA-Sitzung aus: „Im Fahndungsverfahren sieht man sich immer<br />

unterschiedlichen Auffassungen ausgesetzt, <strong>und</strong> es kommt halt darauf an, dass<br />

man diese unterschiedlichen Auffassungen diskutiert <strong>und</strong> dann gegebenenfalls zu<br />

einem Kompromiss kommt, oder eben so verfährt, wie man das selber für richtig<br />

hält. Natürlich sind einzelne Punkte unterschiedlich gesehen worden, aber jeweils<br />

auch mit entsprechenden, nachvollziehbaren Begründungen. Es gibt immer für<br />

die eine oder die andere verfahrensmäßige Behandlung eine vernünftige Begründung.<br />

So gesehen habe ich mich da nicht irgendwo einer geschlossenen Front gegenübergesehen,<br />

denn das würde auch voraussetzen, dass es vielleicht unsachlich<br />

vorgetragen wurde oder so. Und das kann ich also nicht sagen. [...] Die Formulierung<br />

‚die Finger da<strong>von</strong> lassen‘ möchte ich nicht so stehen lassen. [...] Man (Anm.:<br />

gemeint sind Steufa <strong>und</strong> BP aus Karlsruhe) war der Auffassung, man könnte den<br />

Sachverhalt auf eine andere Art <strong>und</strong> Weise aufklären. [...] Es gab unterschiedliche<br />

rechtliche Auffassungen, die diskutiert worden sind. Herr Sake hat aus diesen<br />

Diskussionen möglicherweise – in Klammern: irrig oder fälschlicherweise – den<br />

Schluss gezogen, man wolle da Einfluss auf uns nehmen. Ich habe das nicht so<br />

empf<strong>und</strong>en. Es sind Rechtsfragen diskutiert worden bzw. ermittlungstaktische Erwägungen<br />

angestellt worden. Ob jetzt Herr Sake daraus nun den Schluss gezogen<br />

hat, durch möglicherweise andere Auffassungen der Karlsruher Kollegen solle<br />

Einfluss auf uns ausgeübt werden, weiß ich nicht. Das war vielleicht der subjektive<br />

Eindruck des Herrn Sake. Ich habe diesen Eindruck nicht gehabt. Es ist mein<br />

tägliches Brot, unterschiedliche Rechtsauffassungen zu diskutieren. Ich habe<br />

mich nicht beeinflusst gefühlt“ (vgl. die Aussage Conrad APr. 7. UA-Sitzung<br />

S. 38, 45, 50; vgl. des Weiteren die im Hinblick auf unterschiedliche Mittel, die in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> Thüringen befürwortet wurden, ähnlich lautende Aussage<br />

des Fahndungsprüfers Sake APr. 4. UA-Sitzung S. 167 ff.). Damit wird deutlich,<br />

dass der Wille zur notwendigen Aufklärung des Falles auch in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

nicht in Frage stand.<br />

Die Vernehmungen ergaben zudem, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen<br />

Karlsruhe <strong>und</strong> Erfurt nichts mit einer Zugehörigkeit zu den jeweiligen Ländern<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> <strong>und</strong> Thüringen zu tun hatten, sondern lediglich unterschiedliche<br />

Auffassungen über die richtige Ermittlungstaktik vorherrschten (vgl.<br />

Aussage Conrad APr. 7. UA-Sitzung S. 39). In diesem Zusammenhang wurde auf<br />

die in ganz Deutschland bestehende unterschiedliche Denk- <strong>und</strong> Arbeitsweise <strong>von</strong><br />

Betriebsprüfung <strong>und</strong> Steuerfahndung durch den Zeugen Dr. Spaeth verwiesen:<br />

„Ich entsinne mich, dass da zwei aus der Betriebsprüfung da waren [...]. Die sind<br />

natürlich nicht so begeistert über das Steuerstrafrechtliche. Aber das ist so [...] ein<br />

natürlicher Gegensatz. Das ist in allen Finanzämtern in Deutschland“ (vgl. Aussage<br />

Dr. Spaeth, APr. 7. UA-Sitzung S. 135). Diese zutreffende Feststellung fin-

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