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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

3. Sicherstellung einer hinreichenden Aufsicht <strong>und</strong> Koordination in Großfällen<br />

Bereits in einem frühen Stadium eines Großverfahrens sollte eine Koordination<br />

der Ermittlungsarbeit verschiedener eingeschalteter (Ermittlungs-)Behörden (teils<br />

auch unterschiedlicher B<strong>und</strong>esländer) gewährleistet sein, um so einen besseren<br />

Überblick über das Verfahren zu erhalten <strong>und</strong> einen umfassenden Informationsaustausch<br />

zu sichern mit der Folge, weitere Ermittlungsansätze aufdecken bzw.<br />

verfahrensfördernd steuern zu können.<br />

Im Hinblick auf rein steuerliche Gesichtspunkte kann eine solche Koordinationsstelle<br />

bei einem den Fall federführend bearbeitenden Finanzamt (= etwa Sitz der<br />

Konzern-BP) oder bei der Oberfinanzdirektion als Mittelbehörde angesiedelt sein,<br />

die ohnehin über Großfälle zu unterrichten ist. Sobald aber strafrechtliche Gesichtspunkte<br />

hinzukommen, die eine Unzuständigkeit des Finanzamts wegen auch<br />

in Betracht kommender allgemeiner Straftaten oder wegen Besonderheiten der<br />

Steuerstraftat zur Folge haben (vgl. Nr. 18 AStBV [Steuer]), ist aufgr<strong>und</strong> einer<br />

vom Gesetz vorgegebenen Verfahrensherrschaft der Staatsanwaltschaft jedenfalls<br />

dort eine Koordination <strong>und</strong> Aufsicht der (steuer)strafrechtlichen Ermittlungen<br />

notwendig.<br />

Es erscheint angebracht, dass sich zukünftig einzelfallbezogen die Mittelbehörden<br />

Oberfinanzdirektion <strong>und</strong> Generalstaatsanwaltschaft über die Einrichtung einer Koordinationsstelle<br />

(auch mit Blick auf die Einhaltung <strong>und</strong> Auslegung des Steuergeheimnisses<br />

gem. § 30 AO) verständigen, bei der wesentliche Verfahrensschritte/<br />

-ergebnisse gebündelt werden sollten. Dazu ist zunächst notwendig, organisatorisch<br />

mit Hilfe der <strong>Bericht</strong>spflicht zu gewährleisten, dass die Behördenleiter<br />

(LOStA, Vorsteher) auf Amtsebene sowie die Referenten/Referatsleiter auf Ebene<br />

der Mittelbehörde über sich abzeichnende Großverfahren frühzeitig, d. h. auch<br />

schon vor Einleitung eines Strafverfahrens, Kenntnis erlangen, um ggf. rechtzeitig<br />

Weisungen erteilen zu können. Auch sollten exemplarisch denkbare Anzeichen<br />

vorgegeben werden, die die Koordination eines sich andeutenden Großfalles angezeigt<br />

scheinen lassen (= z. B. Vorliegen mehrerer Anzeigen oder [eingestellter]<br />

Strafverfahren, wiederholt überdurchschnittlich hohe Steuernachforderungen aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>von</strong> Außenprüfungen, Unübersichtlichkeit der Konzernstruktur, Verschleierung<br />

der tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnisse durch [verdeckte] Treuhandschaften,<br />

Einschaltung <strong>von</strong> Domizilgesellschaften, hohe nur schwer nachvollziehbare<br />

Gewinne in Relation zum erkennbaren operativen Geschäft bzw. zur Personalstärke<br />

des Unternehmens, grobe Buchführungsmängel).<br />

4. Verbesserung der steuerrechtlichen Sachk<strong>und</strong>e bei der Staatsanwaltschaft<br />

Sinnvoll erscheint es, die steuerrechtliche Sachk<strong>und</strong>e der Staatsanwaltschaft nachhaltig<br />

zu verbessern. Mangelnde Rechtskenntnisse im Steuerrecht führen zu einem<br />

Autoritätsverlust der Justiz in Steuerstrafverfahren <strong>und</strong> haben de facto teilweise<br />

eine Verfahrensherrschaft der Finanzbehörde zur Folge. Es entspricht aber nicht<br />

der geltenden Rechtslage, wenn sich im Steuerstrafverfahren das Kräfteverhältnis<br />

zwischen Justiz <strong>und</strong> Finanzbehörde in Richtung Finanzverwaltung verschiebt, die<br />

sich in schwieriger Gemengelage <strong>von</strong> Besteuerungs- <strong>und</strong> Steuerstrafverfahren befindet,<br />

was zu sachfremder Vermengung <strong>von</strong> Besteuerung <strong>und</strong> Strafverfolgung<br />

führen kann (= siehe etwa die teilweise Ausuferung der Einstellung <strong>von</strong> Verfahren<br />

gem. § 153 a StPO im Falle hoher Steuerschulden).<br />

5. Verbesserung der strafprozessualen Sachk<strong>und</strong>e innerhalb der Finanzbehörde<br />

Weiterhin erscheint angezeigt, die strafprozessualen Kenntnisse innerhalb der Finanzbehörde<br />

zu verbessern <strong>und</strong> damit bei den Finanzbeamten die Sensibilität für<br />

eine notwendige Einbindung der Staatsanwaltschaft schon bei möglich scheinenden<br />

(Steuer-)Straftaten zu schärfen. Gegenseitige Schulungen <strong>von</strong> Finanzbeamten<br />

<strong>und</strong> Angehörigen der Justiz sollten daher gefördert werden.<br />

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