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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

770<br />

sprochen. Der vage Tatverdacht hat, soweit ich mich erinnere, aus einem Anruf<br />

eines Allianzbediensteten bestanden. Dieser vage Tatverdacht hat sich nachher<br />

auch aus solchen Kleinigkeiten, die nicht ohne Bedeutung sind, ergeben. [...] Die<br />

Zeugin Eldracher hat zum Beispiel (...) gesagt, es gab doch merkwürdige Dinge<br />

an diesem Tag. Klar, sie hat auch einige Hinweise gegeben, dass plötzlich die<br />

Frau Schmider erst um 19 Uhr nach Hause gekommen ist <strong>und</strong> sonst käme sie um<br />

17:30 Uhr, dass zum Beispiel der Herr Schmider Hausschlüssel gehabt habe, die<br />

habe er sonst nicht. [...] Oder dass der Gärtner zum Beispiel an diesem Tag nicht<br />

gearbeitet hat. Das sind alles Dinge, ich könnte jetzt sagen: Wenn er wirklich auf<br />

absolute Nummer sicher gehen wollte, hätte die Frau Eldracher an dem Tag nicht<br />

da sein müssen. Das war für uns eine Überlegung. Ausgerechnet die, die ist dabei.<br />

Wenn nämlich die nicht dabei gewesen wäre, dann hätte es keine Fesselungen, all<br />

das gar nicht gegeben. Dann wäre (...) der Schuldvorwurf ein sehr viel geringerer<br />

gewesen. Es wäre nichts anderes gewesen als ein Versicherungsbetrug im Prinzip.<br />

[...] Also ich kann ihnen nur sagen, sie können jedes einzelne Indiz per se für<br />

schwach, gut, oder wie auch immer halten. Es gibt eine Indizienkette <strong>und</strong> die ist<br />

immer nur so gut wie ihr schwächstes Glied ist. [...] Ich bin der Auffassung, dass<br />

diese Indizien den Restverdacht bestehen ließen – ich nehme an, der besteht heute<br />

noch –, aber niemals geeignet waren, die eigentliche Beweissituation für den hinreichenden<br />

Tatverdacht zu begründen“ (vgl. Apr. 13. UA-Sitzung, S. 125 f.).<br />

Nach dieser zutreffenden Beweiswürdigung verblieben für die StA KA lediglich<br />

die belastenden Angaben der Täter Schenk <strong>und</strong> Schöntag zur Überführung des<br />

Manfred Schmider.<br />

Es liegt demzufolge hier eine Fallgestaltung vor, die der Beweissituation „Aussage<br />

gegen Aussage“ vergleichbar ist (vgl. dazu nur BGH, StV 02, 469 f.; 02,<br />

470 f; 02, 471 ff.). Auch wenn der vorliegende Fall die Abweichung zweier<br />

Belastungszeugen aufweist, lässt sich dennoch die vom BGH zur Situation „Aussage<br />

gegen Aussage„ entwickelte Rspr. auf diesen Sachverhalt übertragen, da die<br />

Aussagen der Belastungszeugen Gerhard Schenk <strong>und</strong> Karl Schöntag nicht unabhängig<br />

<strong>von</strong>einander erfolgt sind: So gewährte die Polizei dem Verteidiger <strong>von</strong><br />

Karl Schöntag, RA Rehm, – ohne Absprache mit der dafür ausschließlich zuständigen<br />

StA (vgl. § 147 V StPO) – pflichtwidrig Einsicht in das Vernehmungsprotokoll<br />

des geständigen Gerhard Schenk, um ein möglichst schnelles Geständnis des<br />

Karl Schöntag zu erreichen. Ganz zu Recht wurde diese frühzeitige Akteneinsicht,<br />

auch unter dem pragmatisch scheinenden Gesichtspunkt, möglichst rasch<br />

eine geständige Einlassung des Beschuldigten zu erlangen, <strong>von</strong> StA’in Scheck als<br />

unnötig eingeschätzt (vgl. APr. 13. UA-Sitzung S. 35): „Der Herr Schöntag wäre,<br />

wenn kein Geständnis gekommen wäre, aller Wahrscheinlichkeit nach am nächsten<br />

Tag in Haft gegangen. Dass der Herr Schöntag sicherlich ein äußerst haftempfindlicher<br />

Mensch ist, da (...) hat der Ausschuss selber sich ein Bild machen<br />

können. Wir hätten also durchaus noch ein bisschen Zeit gehabt, zuzuwarten, bis<br />

sich die Sache weiterentwickelt. Es war überhaupt nicht angezeigt, an diesem<br />

Abend bereits (...), vor allem (...) ohne Absprache mit der StA, so zu agieren.“<br />

Auf diese Weise ist Karl Schöntag die erstmalige Beschuldigung des Manfred<br />

Schmider durch Gerhard Schenk bekannt geworden, selbst wenn unterstellt wird,<br />

dass es sich nur um eine kurze Einsichtnahme in Form überschlägigen Lesens<br />

handelte (vgl. StA’in Scheck, APr. 8. UA-Sitzung S. 126 ff.; KHK Petzold, APr.<br />

10. UA-Sitzung S. 76 <strong>und</strong> RA Rehm, APr. 10. UA-Sitzung S. 19 f., der bestätigte,<br />

„den wesentlichen Inhalt“ der Aussage des Gerhard Schenk an Karl Schöntag<br />

weitergegeben zu haben). Auch ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass die befre<strong>und</strong>eten Gerhard<br />

Schenk <strong>und</strong> Karl Schöntag Briefkontakt miteinander hatten innerhalb der<br />

zwei Monate zwischen geständiger Einlassung des Gerhard Schenk <strong>und</strong> erstmaliger<br />

Vernehmung des Karl Schöntag (vgl. StA’in Scheck APr. 13. UA-Sitzung<br />

S. 60), sie also derart genügend Zeit hatten, ihre Angaben entsprechend abzustimmen<br />

(vgl. dazu die Aussage <strong>von</strong> OStA Armbrust, APr. 10. UA-Sitzung S. 183, der<br />

die späte Vernehmung des Karl Schöntag als „taktisch nicht sehr klug“ bezeichnete;<br />

so auch LOStA a. D. Dr. Klass Apr. 13. UA-Sitzung S. 207). Des Weiteren<br />

sind Gerhard Schenk <strong>und</strong> Karl Schöntag nicht unbeteiligte Tatzeugen, sondern<br />

Mittäter mit identischer Motivlage: Sie wollten mit Hilfe einer Belastung <strong>von</strong><br />

Manfred Schmider zumindest eine Strafmilderung erreichen, <strong>und</strong> zwar das in Betracht<br />

Kommen eines sog. minder schweren Falles des schweren Raubes gem.<br />

§ 250 II StGB, was die Möglichkeit einer Bewährungsstrafe bei Freiheitsstrafe bis<br />

zu zwei Jahren eröffnet (= so erfolgt in der Verurteilung des Karl Schöntag durch<br />

das AG KA am 6. Dezember 1996). Gerhard Schenk ging sogar in einem Schrei-

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