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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

Er habe dann im Juli des Jahres Unterlagen bekommen <strong>und</strong> sich ein genaues Bild<br />

vom Umfang machen können. Es habe sich dann der Sachverhalt ergeben, dass<br />

innerhalb der Firmengruppen Matthias <strong>und</strong> Manfred Schmider insgesamt fünf<br />

Unternehmen sich gegenseitig Scheinrechnungen ausgestellt hätten. Ohne konkrete<br />

Lieferungen seien Waren in Rechnung gestellt worden im Umfang <strong>von</strong> etwa<br />

250 Millionen DM. Im Prüfungszeitraum selbst seien es r<strong>und</strong> 170 Millionen gewesen,<br />

die Scheingeschäfte seien bis April 1992, also über den Prüfungszeitraum<br />

hinaus erfolgt.<br />

Durch den Anruf des Herrn Rügenhagen sei dies ein Fall geworden, an dem sich<br />

auch die Oberfinanzdirektion beteiligt habe.<br />

Am 29. Januar 1993 habe dann eine Besprechung in den Räumen der Oberfinanzdirektion<br />

stattgef<strong>und</strong>en. Beteiligt gewesen seien sein Chef, Herr Fuller, die Gebrüder<br />

Manfred <strong>und</strong> Matthias Schmider, die Betriebsprüfung Rastatt mit dem<br />

Sachgebietsleiter Rügenhagen <strong>und</strong> dem Prüfer Meier, der Umsatzsteuer-Hauptsachgebietsleiter<br />

des Finanzamts Rastatt, Herr Dettling, sowie das Umsatzsteuerreferat<br />

der Oberfinanzdirektion mit Herrn Neureuther <strong>und</strong> Frau Schubert-Bock.<br />

Bei dieser Gelegenheit habe er die Gebrüder Schmider zum ersten Mal gesehen.<br />

Die Firmennamen hätten ihm damals nichts gesagt.<br />

Die Besprechung habe etwa zweieinhalb St<strong>und</strong>en gedauert. Es sei <strong>von</strong> Anfang an<br />

klar gewesen, dass die Leute es nicht schafften, unbeschädigt die 34 Millionen irgendwo<br />

herzuzaubern. Es sei deshalb auch immer die Frage im Raum gestanden,<br />

ob es steuerrechtlich vertretbar wäre, dass man eine Organschaft annimmt <strong>und</strong> damit<br />

zu nicht steuerbaren Innenumsätzen kommt. Auch die Möglichkeit eines<br />

Steuererlasses aus Billigkeitsgründen sei angesprochen worden.<br />

Er müsse dazu vielleicht noch sagen, die Scheinrechnungen seien nach plausibler<br />

Erklärung der Steuerpflichtigen nur deshalb gemacht worden, weil diese in wirtschaftlichen<br />

Nöten gewesen seien <strong>und</strong> weil sie Angst gehabt hätten, dass die Banken<br />

die Kredite kündigen. Die Steuerpflichtigen hätten immer gesagt, sie hätten<br />

keine Steuern hinterziehen wollen. Das habe auch damals glaubwürdig geklungen,<br />

denn sie hätten die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

die Vorsteuer wieder zurückerhalten. Der Fiskus habe also letztlich keinen<br />

Schaden erlitten. Die eigentlich Geschädigten seien die Schmider-Brüder selbst<br />

gewesen, weil nach der damaligen Rechtslage diese r<strong>und</strong> 34 Millionen Vorsteuern<br />

zurückgefordert werden mussten <strong>und</strong> dieses Geld ja nicht da gewesen sei. Dies sei<br />

der Hintergr<strong>und</strong> gewesen.<br />

Als Ergebnis der Besprechung habe man festgehalten, dass erstens die Unternehmensgruppe<br />

die Umsatzsteuer, also die Vorsteuerrückerstattung, schulde <strong>und</strong> zweitens<br />

keine Organschaft vorliege.<br />

Im Mai 1993 habe er dann fünf Prüfungsberichte auf den Tisch bekommen. Zu<br />

den <strong>Bericht</strong>en sei jeweils ein roter Bogen gefertigt worden, das heißt, die Sache<br />

sei zur strafrechtlichen Untersuchung an die dafür zuständige Stelle weitergeleitet<br />

worden. Er habe dann die <strong>Bericht</strong>e so freigegeben, wobei er noch hinzufügen<br />

müsse, dass in einem <strong>Bericht</strong> ein grüner Bogen gefertigt war. Er habe in seiner<br />

Freigabeverfügung darauf hingewiesen, dass während der Besprechung am<br />

29. Januar ein strafrechtlicher Hinweis nach § 201 Abs. 2 AO erteilt worden sei,<br />

das heißt, dass der gesamte Fall zur strafrechtlichen Würdigung an die zuständige<br />

Stelle geht, dies sei damals die Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle des Finanzamts<br />

Karlsruhe-Durlach gewesen. Mit Freigabe der Bp-<strong>Bericht</strong>e sei der Fall für ihn<br />

dann erledigt gewesen.<br />

Auf Frage, ob in der Oberfinanzdirektion die Leitungsebene – Präsident – unterrichtet<br />

worden sei, führte der Zeuge Michel aus, nach seiner Kenntnis sei <strong>von</strong> diesem<br />

Betriebsprüfungsfall bis zur Auswertung der Betriebsprüfungsberichte außer<br />

seinem Gruppenleiter, Herrn Pagendarm, niemand unterrichtet worden. Der Gruppenleiter<br />

habe seine <strong>Bericht</strong>sfreigabe zur Kenntnis nach Abgang erhalten <strong>und</strong> im<br />

Juni 1993 wohl auch abgezeichnet.<br />

Der Zeuge fügte hinzu, er sei seit 1981 bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, er<br />

habe einige h<strong>und</strong>ert Fälle in dieser Zeit auf dem Tisch gehabt. Er habe es noch nicht<br />

einmal erlebt, dass ihm das Ministerium, seine vorgesetzte Dienststelle oder ein Politiker<br />

hier irgendetwas hineingeredet habe in einem Fall, also <strong>von</strong> sich aus Einfluss<br />

genommen habe. Dies habe es bei ihm noch nie gegeben. Das kenne er nicht.<br />

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