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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

780<br />

vom 7. März 2002 an die GStA KA nach Überprüfung der Vorgehensweise im Jahr<br />

1994: „Bei einer Gesamtschau aller Umstände gehe ich aus heutiger Sicht da<strong>von</strong><br />

aus, daß im Jahr 1994 bei der geschilderten Sachlage kaum <strong>von</strong> einer Anwendbarkeit<br />

des § 153 a StPO ausgegangen werden konnte“ (vgl. LO GStA KA, BAD<br />

04/02, Bd. I Bl. 27 ff, 29 oder LO JM 410 E-27/00 Bd. IX).<br />

Kein Vorwurf kann der Strabu gemacht werden, dass sie entsprechend der Zuständigkeitsregelung<br />

des § 386 II AO ausschließlich dem Vorwurf der Steuerhinterziehung<br />

gem. § 370 AO nachging trotz vorhandener Anhaltspunkte für nichtsteuerliche<br />

Delikte wie § 265 b StGB oder § 331 HGB (vgl. die Aussage des AR<br />

Scott, Apr. 14. Sitzung S. 146 sowie dessen Aussage vor der StA MA am 5. März<br />

2002 in LO JM 410 E-27/00 Bd. IX; vgl. zur Aufdeckung der Wechselreiterei die<br />

Aussage des AR Meier, Apr. 14. Sitzung S. 68). Eine Ermittlungsbefugnis zur<br />

Verfolgung der allgemeinen Straftaten war nicht gegeben, da es sich bei der Steuerstraftat<br />

gem. § 370 AO (= Tatgeschehen in Form Abgabe einer unrichtigen Erklärung<br />

ggü. der Finanzbehörde zum Abgabetermin) <strong>und</strong> den nichtsteuerlichen<br />

Taten gem. § 265 b StGB (= Tatgeschehen in Form einer Täuschungshandlung im<br />

Zusammenhang mit einem Kreditantrag) sowie § 331 HGB (= Tatgeschehen in<br />

Form eines Verstosses gegen die Bilanzklarheit) um mehrere strafprozessuale Taten<br />

im Sinne des § 264 StPO handelt (vgl. nur OLG Frankfurt, NJW 53, 557 f.,<br />

wistra 87, 32 f.; BGHSt. 10, 396 ff.; LR-Gollwitzer, 2001, § 264 Rn. 62).<br />

Ist die Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörde noch streitig, wenn Steuerstraftat<br />

<strong>und</strong> Allgemeindelikt eine strafprozessuale Tat darstellen (bejahend etwa OLG<br />

Braunschweig, wistra 98, 71 ff.; ablehnend unter Berufung auf Sinn <strong>und</strong> Zweck<br />

des § 386 I AO Kohlmann, Steuerstrafrecht, 1997, § 386 Rn. 20.3, Rüping in<br />

HHSp, 1993, § 386 AO Rn. 23, Schneider, wistra 04. 1 ff. m.w.N.), besteht Einigkeit,<br />

dass eine Berechtigung zu Ermittlungen der Finanzbehörde für nichtsteuerliche<br />

Straftaten nicht begründet werden kann, wenn keine innere Verknüpfung der<br />

Taten im Sinne des § 264 StPO vorliegt (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, 1997,<br />

§ 386 Rn. 20.5, Schneider, wistra 04, 1 ff. m.w.N.; ausdrücklich offengelassen<br />

<strong>von</strong> OLG Braunschweig, wistra 98, 71 ff.).<br />

Auch kann in der Weitergabe der Strafakte <strong>von</strong> der Strabu an die StA mit den enthaltenen<br />

Hinweisen auf die nichtsteuerlichen Delikte entsprechend Nr. 18 I c<br />

AStBV kein Verstoß gegen § 30 AO erblickt werden, soweit mit einem Teil der<br />

Lit. vertreten wird, dass die gem. § 386 IV 1 AO jederzeit mögliche Abgabe des<br />

Verfahrens an die StA immer auch dem Steuerstrafverfahren gem. § 30 IV Nr. 1<br />

AO dient (derart etwa Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- <strong>und</strong> Steuerstrafrechts,<br />

2000, Kap. 10 Rn. 203; Rüping in HHSp, 1993, § 386 AO Rn. 73)<br />

oder § 386 IV als durch Gesetz zugelassene Offenbarung gem. § 30 IV Nr. 2 AO<br />

verstanden wird (derart Scheu, wistra 83, 136 ff.,138; a.A. Joecks in FGJ, 2001,<br />

§ 386 AO Rn. 50 ff. m.w.N.). Eine Offenbarungsbefugnis gem. § 30 IV Nr. 5 AO<br />

(= zwingendes öffentliches Interesse) bestand jedenfalls nicht (vgl. dazu die Diskussion<br />

in der 14. UA-Sitzung, Apr. S. 34 ff., 60 ff.), da selbst bei Scheinumsätzen<br />

in Höhe <strong>von</strong> etwa 247 Mio. DM keine Beeinträchtigung des gesamtwirtschaftlichen<br />

Gefüges gegeben war, die aber Voraussetzung für das Vorliegen der<br />

Ausnahme gem. § 30 IV Nr. 5 AO sein soll (vgl. dazu Tipke/Kruse, 1996, § 30<br />

AO Rn. 124 ff., 127, 129). Im Ergebnis war daher in diesem Fall die April 1992<br />

gegebene Auskunft der OFD KA an OAR Rügenhagen, dass eine Mitteilung des<br />

Falles an die StA wegen der nichtsteuerlichen Delikte nur im Falle des Vorliegens<br />

auch einer Steuerhinterzeihung möglich sei (vgl. Aussagen OAR Kiefer, Apr.<br />

14. Sitzung S. 29 ff.; AR Meier, Apr. 14. Sitzung S. 69 f.; OAR Rügenhagen, Apr.<br />

14. Sitzung S. 117 ff., 125, 130 ff., 132), zutreffend.<br />

Eine Einflussnahme der OFD oder des FM auf Entscheidungen <strong>und</strong> Einstellungsvorschläge<br />

der Strabu in Form „schützender Hände“ konnte nicht festgestellt werden.<br />

In diesem Sinne äußerte sich ORR’in Gräber, seinerzeitige Sachgebietsleiterin<br />

der Strabu, gegenüber dem UA-FlowTex: „Die Oberfinanzdirektion war nur mit<br />

dem Besteuerungsverfahren beteiligt. Also letztendlich mit dem strafrechtlichen<br />

Abschluss, der dann in diese Einstellung nach § 153 a mündete, waren nur die Strafsachenstelle<br />

<strong>und</strong> die Staatsanwaltschaft (...) betraut, also weder die Oberfinanzdirektion<br />

noch das Ministerium. Ansonsten war ich im Übrigen auch sonst in keinster<br />

Weise irgendwie beeinflusst bei diesem Verfahrensabschluss, sondern letztendlich<br />

war das das Produkt der Zusammenarbeit zwischen Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle<br />

<strong>und</strong> der Staatsanwaltschaft in <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>“ (vgl. Apr. 14. Sitzung S. 216).

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