09.12.2012 Aufrufe

Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

mehr angebracht <strong>und</strong> als Mittel der Erziehung oder Warnung auch wenig sinnvoll<br />

(= Gedanke der heilenden Wirkung des Zeitablaufs, vgl. dazu Alberti/Gayer/Roskamp,<br />

LDO, 1994, § 6 Rn. 7 m.w.N.). Daher wäre auch eine qualifizierte schriftliche<br />

missbilligende Äußerung oder ein Verweis als denkbare mildeste Form einer<br />

Disziplinarmaßnahme (vgl. §§ 5 I, 6 I LDO) wegen Ablaufs <strong>von</strong> mehr als zwei<br />

Jahren seit Vollendung der Diensthandlung (hier: Einstellung des Ermittlungsverfahrens)<br />

nicht mehr zulässig gewesen (vgl. § 14 I LDO; zur Anwendbarkeit des<br />

§ 14 LDO auf qualifizierte missbilligende Äußerungen Fleig, DÖD 92, 129 ff.,<br />

131 m.w.N.).<br />

Es kann daher dahinstehen, ob vorliegend das dienstliche Verhalten überhaupt<br />

Anlass für eine qualifizierte Missbilligung oder sogar eine Disziplinarmaßnahme<br />

nach der LDO hätte sein können, was vorliegend eher zweifelhaft erscheint: Voraussetzung<br />

für derartige Maßnahmen ist schließlich das Vorliegen eines sog.<br />

Dienstvergehens gem. § 95 I LBG, also eine Pflichtverletzung mit einem „Minimum<br />

an Gewicht <strong>und</strong> Evidenz“ (vgl. <strong>von</strong> Alberti/Gayer/Roskamp, LDO, 1994,<br />

Einl. Rn. 6; ähnlich Fleig, DÖD 92, 129 ff., 130 für die qualifizierte missbilligende<br />

Äußerung). Für den Bereich der Arbeitsqualität bedeutet dies, dass nicht jede<br />

mangelhafte Arbeitsleistung eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des<br />

§ 95 I LBG i. V. m. § 73 LBG darstellt (vgl. <strong>von</strong> Alberti/Gayer/Roskamp, LDO,<br />

1994, Einl. Rn. 6; Köhler/Ratz, BDG, 2003, B. II. 6. Rn. 2 m.w.N.). Das Disziplinarrecht<br />

will zu Recht keinen sog. Musterbeamten schaffen. Es geht vielmehr da<strong>von</strong><br />

aus, dass jeder Beamte „nur eine im Ganzen durchschnittliche Leistung“ schuldet,<br />

sodass Mängel in der Arbeitsweise nicht isoliert bei der Prüfung einer Pflichtverletzung<br />

gewertet werden dürfen (vgl. Köhler/Ratz, BDG, 2003, B. II. 6. Rn. 2<br />

m.w.N.). Als Dienstvergehen scheiden folglich Arbeitsmängel aus, „die im alltäglichen<br />

Verlauf jedem einmal unterlaufen können, soweit sie nicht persönlichkeitsbedingt<br />

wiederholt, vorsätzlich oder bei gefahrgeneigter Arbeit im Kernbereich des<br />

Dienstpostens mindestens bewusst fahrlässig begangen werden“ (vgl. Köhler/Ratz,<br />

BDG, 2003, B. II. 6. Rn. 2 m.w.N.). Vorliegend scheidet angesichts der nicht fern<br />

liegenden Einlassungen des Dezernenten zum Verfahrensabschluss gem. § 153 a<br />

StPO, nämlich eines angenommenen Verwertungsverbots im Hinblick auf<br />

nichtsteuerliche Straftaten gem. § 393 AO <strong>und</strong> eines verneinten „realen“ Hinterziehungserfolgs<br />

im Falle der „Strafsteuer“ § 14 III UStG (vgl. die Aussage<br />

Dr. Klee, Apr. 16. UA-Sitzung S. 3 ff., 10, 14, 28), eine vorsätzliche oder bewusst<br />

fahrlässige Pflichtverletzung im Sinne des § 95 I LBG jedenfalls aus.<br />

c) Abschluss des Verfahrens 300 Js 62/98 der StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> gegen Matthias<br />

Schmider<br />

Kritisch gesehen werden kann bei der Bearbeitung des Verfahrens 300 Js 62/98<br />

der StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> lediglich, dass sich in den Akten kein Hinweis auf das ältere<br />

gegen Matthias Schmider geführte Verfahren 13 Js 42/94 der StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong><br />

findet, welches gem. § 153 a StPO gegen eine Geldauflage in Höhe <strong>von</strong><br />

80.000 DM ebenfalls <strong>von</strong> dem Dezernenten OStA Dr. Klee eingestellt worden<br />

war. Das für den Strafbefehl v. 2. April 1998 zuständige AG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> konnte<br />

also das ältere Verfahren aus dem Jahr 1994 nicht bei der Frage der Angemessenheit<br />

eines Strafbefehls oder der Notwendigkeit einer öffentlichen Hauptverhandlung<br />

berücksichtigen. Als Gr<strong>und</strong> für den unterbliebenen Hinweis auf das Verfahren<br />

13 Js 42/94 wurde <strong>von</strong> OStA Dr. Klee angegeben, dass ihm der Vorgang aus<br />

dem Jahr 1994 nicht mehr erinnerlich gewesen sei (vgl. OStA a. D. Dr. Klee, Apr.<br />

21. UA-Sitzung S. 150, 154 f.). Anlass zu dienstaufsichtlichen Maßnahmen in<br />

Form auch nur einer einfachen Missbilligung des Dienstvorgesetzten hätte die Bearbeitung<br />

des Ermittlungsverfahrens 300 Js 62/98 aber nicht geben können. Denn<br />

das AG <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> wäre bei Kenntnis des 1994 gem. § 153 a StPO eingestellten<br />

Verfahrens gegen Matthias Schmider nicht gehalten gewesen, vom Erlass eines<br />

Strafbefehls abzusehen: Zum einen war Matthias Schmider nach wie vor nicht<br />

vorbestraft, zum anderen waren die Tatvorwürfe aus den Verfahren in den Jahren<br />

1994 <strong>und</strong> 1998 unterschiedlich.<br />

Nicht zu kritisieren ist, dass eine Vorlage des Ermittlungsverfahrens an den damaligen<br />

Behördenleiter der StA <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>, LOStA Fluck, unterblieb (vgl. OStA<br />

a. D. Dr. Klee, Apr. 21. UA-Sitzung S. 156), da die Voraussetzungen einer <strong>Bericht</strong>spflicht<br />

nach dem damals gültigen OrgStA nicht gegeben waren (vgl. <strong>Bericht</strong><br />

des LOStA Fluck v. 7. März 2002 in LO JM 410 E-27/00 Bd. IX). Auch ist die<br />

869

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!